Meine Themen
Kommunalpolitik
Die Kommunen sind der Ort, an dem wir leben und arbeiten, und deshalb der Ort, an dem wir die Bedingungen für unser Leben und unsere Arbeit mitgestalten wollen. Wie werden wir wohnen, wie die Arbeitswelt gestalten, wie unsere Freizeit ermöglichen? Fragen wie diese und noch viele andere, etwa die zukünftige Mobilität, die Versorgung mit Kliniken, den Schutz der uns umgebenden Umwelt betreffen, werden in Städten und Dörfern diskutiert, entschieden und gelebt. Deshalb sind starke Kommunen mit vielfältigen Möglichkeiten der Mitbestimmung ein Kern linker Politik: Es geht um öffentliche Daseinsvorsorge und soziale Sicherheit, um Chancen und unseren Alltag.
Die Bedeutung der Kommunalpolitik wird in der LINKEN zu Recht oft hochgehalten, thematisiert werden aber auch immer wieder Probleme und Herausforderungen. Ich habe selbst kommunalpolitische Erfahrungen. Die vielen tausend ehren- und hauptamtlichen kommunalen Mandatsträgerinnen und -träger der LINKEN in Ost und West stehen täglich vor Herausforderungen. Sie sind das Gesicht unserer Partei vor Ort. Ihre Politik und ihre Präsenz auf Marktplätzen und in Bürgersprechstunden sind mitentscheidend für das, was wir oft Verankerung der Partei nennen.
In der Präambel der kommunalpolitischen Leitlinien der LINKEN, die auf dem Bielefelder Parteitag 2015 beschlossen wurden, heißt es: »Kommunalpolitik ist konkret und vielfältig. Sie ist unmittelbare, direkte Politik, hier findet ein spürbarer Kontakt zwischen den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern und den Einwohnerinnen und Einwohnern statt. Je besser und effektiver dieser Kontakt ist, desto erfolgreicher ist Kommunalpolitik.« Zu den Aufgaben linker Kommunalpolitik gehört die Stärkung der gesellschaftlichen Emanzipation und die Schaffung von Grundvoraussetzungen für kommunale Selbstverwaltung.
Rechtspolitik
Freiheit und Gleichheit sind zwei der zentralen Versprechen bürgerlicher Gesellschaften und Verfassungen. Es ist eine Binsenweisheit, dass es auch hier zwischen Verfassungsanspruch und Wirklichkeit viele Diskrepanzen gibt, selbst wenn nur eingeschränkte Freiheitsrechte- oder Gleichheitsbegriffe zu Grunde gelegt werden. Das Rechtsstaatsprinzip – die Gleichheit vor dem Gesetz – ist auch und gerade vor der Erfahrung des Stalinismus und des Realsozialismus ein für Linke nicht hoch genug einzuschätzendes Gut.
Linke verweisen zu Recht auf die soziale Dimension von Freiheit; diese braucht materielle Voraussetzungen, weil Bürger*innen Rechte nicht nur »haben« sollten, sondern es darauf ankommt, dass sie diese auch nach ihrem Gusto ausüben können – »ausüben« im doppelten Sinne von »ausführen« und »innehaben«, es ist eine solche Freiheit nicht nur etwas, das man »sich nehmen« kann, sondern man hat sie, sie gehört unauflöslich zur linken Idee von Menschheit.
Diese Verbindung von formalem Anspruch und ermöglichter Praxis ist in den vorherrschenden Verhältnissen vielfach suspendiert, die einen können sich Freiheit leisten, andere nicht – und zwar aus denselben strukturellen Gründen, aus denen die einen Macht beziehen, andere nicht; aus denen manche eher mitreden können, andere nicht, aus denen manche bestimmen, wie wir was zu produzieren haben, und viele nicht usw. – es geht da immer um alles: Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Kooperation etc., also um weit mehr als etwa nur Einkommensunterschiede.
Für eine linke Partei kommt es darauf an, unsere Existenzberechtigung durch praktische Funktion zu beweisen, indem sie diese Ungleichheit nicht nur öffentlich beklagt, sondern Initiativen ergreift, sie zu beseitigen. Beim Thema Entkriminalisierung, Abschaffung von Ersatzfreiheitsstrafen fangen linke Rechtspolitiker*innen in parlamentarischer Opposition oder in Regierung nicht bei Null an. Allerdings besteht die Herausforderung das Thema »Gleichheit vor dem Gesetz« tatsächlich interdisziplinär und ressortübergreifend auch als soziale Frage zu beleuchten.
Dabei geht um Strafrecht und Ersatzfreiheitsstrafen, darum öffentlich zu thematisieren, wie sehr eine prekäre soziale Lage Menschen daran hindert ihr Recht zu bekommen, weil sie eben auch vor dem Gesetz oder in der Rechtspraxis schlechter gestellt sind, als Wohlhabende.
Ostdeutschland
Was ist das linke, sozialistische an »unserer Politik« für den Osten, für »gleichwertige Lebensverhältnisse«? Was zielt dabei über »einholen« hinaus, wo fängt das »überholen« an? Für die LINKE kommt es darauf an, eine eigene Idee von »gleichwertigen Lebensverhältnissen« zu formulieren, sozusagen den »Schwung« aufzunehmen, der in dem universellen Charakter des Anspruchs liegt, ihn aber sogleich in eine eigene, linke Richtung fortzuschreiben.
Die hat es zweifellos gegeben, sie hat Spuren hinterlassen, wir sehen es in den sozialen und ökonomischen Statistiken: vielfach sind die Kennziffern in ostdeutschen Ländern schlechter. Aber mehr als 30 Jahre nach der Wende sollen neue Perspektiven gestärkt werden – lasst und über »Ankommen« und »Aufholen« hinaus den Horizont erweitern.
Dazu ist im Sinne von »der andere Osten« schon viel notiert worden; Stichworte: Eigensinn, Erfahrungsvorsprung, progressive Tradition des Aufbruchs von 1989 usw. Mit einer weitergehenden linken Auffassung des Begriffs »gleichwertige Lebensverhältnisse« kann man dem auch im Westen wachsenden Anspruch nach »Gleichwertigkeit« in progressiver Weise gerecht werden und darüber hinaus eine bisher eher auf »Reparatur« gedrehte Debatte mit einem utopischen Überschuss versehen und so nach vorn richten.
Anders formuliert: Was ist das linke, sozialistische an »unserer Politik« für den Osten, für »gleichwertige Lebensverhältnisse«? Was zielt dabei über »einholen« hinaus, wo fängt das »überholen« an? Für die LINKE kommt es darauf an, eine eigene Idee von »gleichwertigen Lebensverhältnissen« zu formulieren, sozusagen den »Schwung« aufzunehmen, der in dem universellen Charakter des Anspruchs liegt, ihn aber sogleich in eine eigene, linke Richtung fortzuschreiben.
Dazu gibt es linke Anknüpfungspunkte, die hier nur kurz angerissen werden sollen: etwa Skizzen über einen übergeordneten Rahmen linker Politik als »Infrastruktursozialismus«, »gemeinwohlorientierten Infrastrukturökonomie«, »demokratische Resilienz« oder » Fundamentalökonomie«, in denen die materiellen Fortschritte (man könnte sagen: bei der Herstellung »gleichwertiger Lebensverhältnisse«) nicht bloß unmittelbar praktische Funktionen haben – es wird nicht nur die Infrastruktur (wieder) besser, es gibt nicht nur (wieder) mehr Teilhabe-Angebote und damit Chancen usw. Es wohnt dem Ganzen zudem eine Potenz progressiver kollektiver Praxis inne, bei der die Gesellschaft als Gesellschaft gleicher Bürger*innen aufgefasst wird, eine, in der neue Formen des Gemeinsamen auch die einzelwirtschaftliche Produktivität steigern, wobei dies eben nicht im Rendite-Interesse geschieht, sondern »als humaner Selbstzweck«.
Damit rückt dann das große Thema »Demokratie« mit ins Zentrum, eingeschlossen eine Idee von Gesellschaft, in der linke Politik nicht nur für volle Teller sorgt (bleibt richtig), sondern sich stärker als bisher auch um die »demokratischen und freiheitlichen Bedürfnisse« kümmert, dabei berücksichtigend, dass diese Voraussetzungen brauchen – eben auch materielle.
Das Foundational Economy Collective hat in »Die Ökonomie des Alltagslebens« (Suhrkamp, 2019) eine »Rückbesinnung auf eine gemeinnützige Fundamentalökonomie« als »Ausgangspunkt« zur Erneuerung einer demokratischen Linken vorgeschlagen. Es geht um eine neue, progressive Infrastrukturpolitik, um alles, was unser alltägliches Leben und produktives Wirtschaften erst ermöglicht: Stromnetze, Wasserleitungen, Schulen, Krankenhäuser, Wohlfahrt, Kultur und so weiter.
Wie die nun schon länger laufende Debatte über das Verhältnis von Staat und Markt zeigt, dürfen diese »fundamentalökonomischen« Anker des Alltags nicht profitorientierter Konkurrenz überlassen werden. Linke Strukturreformen, die über eine bloße Modifikation bestehender Regeln hinausgehen, sollten auf den großen gesellschaftlichen Bedarfsfeldern (wieder) einer alternativen, den Lebensbedürfnissen entsprechenden Logik unterworfen werden: öffentlicher, demokratischer Kontrolle.
So aufgefasst lässt sich über eine linke Erzählung »gleichwertiger Lebensverhältnisse« nicht nur an die laufenden Debatten über Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, die damit verbundenen Fragen der Umverteilung gesellschaftlich produzierten Reichtums, der Demokratisierung von Lohnarbeit und Wirtschaft usw. anschließen. Es eröffnet auch Möglichkeiten, einen Bereich von Politik »von unten«, aus der Zivilgesellschaft und den Bewegungen zu denken, der bisher eher verengt als passive Erwartung an die Institutionen formuliert ist: Wann schafft die Bundesregierung »gleichwertige Lebensverhältnisse«?
Lasst uns selbst aktiv werden. Es besteht die Chance, eine Idee von »selbstbestimmtem, demokratischem Leben vor Ort« zu popularisieren, die andere Elemente linker Politik in einem übergeordneten Rahmen verbindet: die Forderungen nach ausreichender materieller Teilhabe, nach einem sozialen Fundament, nach Chancengleichheit, Umverteilung, Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge, nach guter Arbeit und Freiheitsansprüchen etc.
Linke Debatte
Es gibt viele Fragen, denen sich Linke offen, zuhörend, analysierend stellen müssen, zum Beispiel diese: Wie wirken unsere Vorschläge, unsere Forderungen bei den Menschen im Land? Vermitteln wir das, was wir wollen, auch glaubwürdig genug – etwa die Verbindung von gestaltender Veränderung im Hier und Heute und unseren radikalen Veränderungsperspektiven? Wie kommen wir als LINKE im Alltag von Familien vor, von Menschen, die Abstiegsängste haben, wie in den immer vielfältigeren Lebenswirklichkeiten? Unsere linken Konzepte sind erst dann wirkungsvoll, wenn sie die Menschen erreichen, um die es uns geht.
Wir können bei der notwendigen Klärung unserer Gemeinsamkeiten nicht einfach zu politischen Antworten zurückkehren, die in der Zeit des Widerstands gegen die Wendepolitik des Wes- tens oder gegen die Agenda-2010-Politik der Nullerjahre richtig waren. Es reicht angesichts einer veränderten Gesellschaft nicht aus, als soziales Korrektiv zu SPD und Grünen zu agieren. Eine linke Partei muss mehr wollen. Und wir können auch mehr.
Als LINKE müssen wir uns fragen, warum unsere linken Konzepte für einen sozial-ökologischen Umbau noch zu wenige Menschen überzeugen. Es reicht nicht, programmatisch höhere Forderungen als die SPD aufzustellen oder klimapolitisch konsequenter zu sein als die Grünen. Es geht um ein erkennbares Profil in unserer Kommunikation und um Verankerung von Themen vor Ort. Es geht um Vertrauen in uns als gestaltende Partei, und es geht darum, dass wir auch ausstrahlen, nicht nur das Richtige zu sagen, sondern auch das Notwendige zu machen.
Es geht in einer veränderten Zeit nicht mehr allein um die gerechte Verteilung von Reichtum, es geht um eine andere Weise des Arbeitens und Wirtschaftens. Die politischen Antworten des 20. Jahrhunderts lösen nicht die Schlüsselfragen des 21. Jahrhunderts: soziale Spaltung, eskalierende Klimakrise, globale Konkurrenz um Ressourcen, autoritäre Bedrohung der Demokratie. Es kann nicht nur darum gehen, den „Strukturwandel“ in den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen nur sozial abzufedern.
Größere Umbrüche stehen an – lasst sie uns nutzen, um Wirtschaft und Arbeit zu demokratisieren, um Stadt und Land, Mobilität, Industrie und Dienstleistungen neu, von den Bedürfnissen der Menschen, nicht des Marktes aus zu denken. Was will DIE LINKE heute sein und wie sieht die LINKE 2025, 2030, 2045 aus? Welche Antworten geben wir für die kommende Zeit?