Zu Protokoll gegebene Rede

zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung (Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz – DokHVG)(Tagesordnungspunkt 17)

Die audiovisuelle Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung ist bei vielen unserer europäischen Nachbarn bereits Standard – und dies mit guten Gründen. Die bisher üblichen handschriftlichen Aufzeichnungen der Verfahrensbeteiligten bergen immer das Risiko von Lücken und subjektiver Färbung. Eine digitale Dokumentation von Verhandlungen kann hier erhebliche Vorteile bringen. Unterm Strich würde sie die Qualität von strafgerichtlichen Prozessen verbessern, und dieses Anliegen unterstütze ich ausdrücklich.

An dieser Stelle füge ich kein „Aber“ an, möchte jedoch auf die besonderen Umstände verweisen, die mit audiovisuellen Aufzeichnungen zwangsläufig einhergehen. Dort, wo ein Tonband mitläuft oder eine Kamera, verändert sich die Art, wie Menschen sprechen, was sie sagen und wie sie es sagen. Jeder von uns hier kennt das. In Strafprozessen kommt dem eine besondere Bedeutung zu, insbesondere dann, wenn Opfer von Gewaltverbrechen zum Tathergang befragt werden.

Für die Opfer ist häufig schon die Befragung an sich eine große Belastung; denken wir etwa an Opfer von sexuellem Missbrauch. Wenn dann noch eine Kamera mitläuft, kann das den Druck auf die Opfer weiter erhöhen, auch deshalb, weil in Zeiten des Internets ganz schnell die Frage im Raum stehen kann, wer die Bilder außer den Verfahrensbeteiligten denn vielleicht irgendwann noch zu sehen bekommt. Mit Verweis auf einen guten Datenschutz wird diesem Einwand kaum zu begegnen sein. Vielmehr sollte das Prinzip an erster Stelle stehen, alles zu vermeiden, was Opfer von Straftaten durch die Begleitumstände von Gerichtsverfahren weiter verunsichern könnte. Das sollte bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfs unbedingt bedacht werden.

Darüber hinaus gibt es noch einer Reihe weiterer Fragen, die nach Einschätzung von Expertinnen einer Klärung bedürfen. So haben Richter eingewandt, dass der Einsatz von Transkriptionssoftware ihre Arbeit nicht vereinfachen würde, weil sie den zusätzlichen Aufwand der Kontrolle der Transkripte hätten. Diesem Mehraufwand stünde allerdings als gewünschter Effekt der audiovisuellen Dokumentation ein Zugewinn an Transparenz der vor Gericht getroffenen Aussagen gegenüber.

Eine andere noch zu beantwortende Frage ist, welche Form der Aufzeichnung – nur Ton oder Ton und Bild – dem Zweck der Dokumentation am besten gerecht wird. Auch lässt der Gesetzentwurf offen, wie der mit einer Umsetzung des Gesetzes einhergehende erhebliche technische und personelle Mehraufwand für die Gerichte von diesen zu schultern ist. Auch dieser Aspekt gehört zu einer ganzheitlichen Betrachtung des Vorhabens, damit aus gut gemeint auch wirklich gut gemacht werden kann.

In diesem Sinne erhoffe ich mir von den anstehenden Beratungen eine weitere Qualifizierung des Gesetzentwurfs.