»An Lösungen mitwirken«

Die Dringlichkeit, mit der Energiewende und Umbau der Industrie vorangetrieben werden müssten, ist eines der Themen des Klimastreiks an diesem Freitag. Dabei gilt, was Luisa Neubauer von Fridays for Future und Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband jetzt noch einmal unterstrichen haben: »Das Ökologische geht nur mit dem Sozialen, und das Soziale geht nur mit dem Ökologischen.« Was das konkret zum Beispiel für den Umbau der Industrie heißt, dazu gibt es neue Veröffentlichungen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung. 

Vor ein paar Tagen haben Luisa Neubauer von Fridays for Future und Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, noch einmal appelliert, schnell »von den fossilen Energien, ihren Autokraten und Megakonzernen« loszukommen«. Die Wurzeln von Energiekrise und Klimakrise, schreiben die beiden in einem Gastbeitrag, seien »dieselben: Abhängigkeit von fossilen Energien und fossilen Energiekonzernen und eine Politik, durch die Gewinne privatisiert und Verluste kollektiviert werden«. Deshalb müssten viel mehr Anstrengungen zur »Beschleunigung der Energiewende und einem radikalen Ausbau von Wind und Solarkraft« unternommen werden. 

Fridays for Future hat in diesem Zusammenhang einen Vorschlag aufgegriffen, den auch Politikerinnen der LINKEN vor einigen Monaten ähnlich unterbreitet haben: einen Sonderfonds in Höhe von 100 Milliarden Euro, mit dem die notwendige Transformation angeschoben und beschleunigt werden könnte. Es geht dabei nicht bloß um den Umbau der Energieerzeugung, es geht um möglichst rasche Änderungen unserer Produktions- und Konsumweisen. Das ist nicht zuletzt eine soziale Frage, denn, auch hier kann man noch einmal zitieren, was Neubauer und Schneider schreiben: »Die Krisen treffen alle, aber nicht alle gleich. Klimaschäden spüren zuerst die Ärmsten.« Und: »Auf der anderen Seite hängt erfolgreicher Klimaschutz von sozialer Sicherheit ab.«

Es geht also nicht zuletzt darum, »ökologische Teilhabe für alle« zu garantieren, damit Transformation gerecht abläuft. Beim Klimastreik heißt es: »Jetzt gilt es, konsequent aus Fossilen auszusteigen, eine grundlegende Verkehrswende einzuleiten, gezielt Menschen mit niedrigem Einkommen zu Entlasten und den globalen Süden bei der Bewältigung der Folgen der Klimakrise zu unterstützen. Wir brauchen endlich eine sozial gerechte Transformation.« Das heißt auch, sich darum zu kümmern, dass durch Umbau neue Perspektiven eröffnet werden, damit, wie es die beiden in ihrem Gastbeitrag formulieren: »alle Menschen die Möglichkeiten haben, an Lösungen mitzuwirken«. 

In der jüngsten Ausgabe von »Böckler Impuls« geht es unter anderem darum, dass gerechte Transformation erhebliche öffentliche Zusatzausgaben erfordert. »Ohne Reform der Schuldenbremse und Steuererhöhungen wird es besonders für Länder und Kommunen eng.« Ein anderer Aspekt des Umbaus: die Bedeutung, den »Austausch über gute Lösungen und neue Erkenntnisse« zu verbessern, hierzu hat die Stiftung eine Plattform zum Ideenaustausch eröffnet, mit der die Vernetzung mit gesellschaftlichen Institutionen vorangetrieben werden soll; also etwa zwischen Arbeitsagenturen, Technologieberatungsstellen und den neu entstehenden Transformationsräten. Mit anderen Worten: Austausch auf konkreter regionaler und betrieblicher Ebene.

Einen besonderen Fokus hat eine neue Reihe der Luxemburg-Stiftung, die unter der Überschrift »Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie« ein ganzes Studienpaket zum Umbau der Industrie vorgelegt hat. »Um die in der EU und in Deutschland angestrebten Klimaziele bis 2045 erreichen zu können, bedarf es entschlossenen und koordinierten Handelns auf einer Vielzahl technologie-, industrie-, wirtschafts- und arbeitspolitischer Felder«, heißt es bei der Stiftung, die wie Neubauer und Schneider die Verbindung betont: »Das Ökologische geht nur mit dem Sozialen, und das Soziale geht nur mit dem Ökologischen.«

Konkret liegen drei Sachstandsanalysen vor, »die eine aktuelle Zwischenbilanz der technologischen und politischen Herausforderungen in der Chemie-, Stahl- und Automobilindustrie sowie der Strategien maßgeblicher Akteure in diesen Branchen präsentieren. Eine weitere Studie beleuchtet erstmals den Reformbedarf im gesamten Spektrum der Arbeitspolitik, die eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung des sozial-ökologischen Industrieumbaus spielen wird. Die klimapolitischen Rahmenbedingungen des Industrie-Umbaus, die Bedeutung der Wasserstoff-Strategie sowie der Diskussionsstand zu den Problemen des EU-Emissionshandels und des geplanten Grenzausgleichs-Mechanismus sind Gegenstand dreier gesonderter Studien.«

Das in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik erarbeitete Studienpaket kann dabei als ein Element der Idee verstanden werden, dass »alle Menschen die Möglichkeiten haben, an Lösungen mitzuwirken«. Dies setzt entsprechende Information voraus. Die Veröffentlichungen dienen so als »Zusammenfassung des Stands der Dinge« sowie »als Orientierung und Handreichung für gesellschaftliche Akteurinnen und Akteure, ohne deren Engagement die sozial-ökologische Transformation der Industrie nicht gelingen kann«. Einen Überblick über das Studienpaket von Mit-Autor Steffen Lehndorff gibt es hier(aus Susannes Büros)