»Schlag ins Kontor« für die Kommunen

Die meisten Kommunen sind finanziell nicht in der Lage, die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu bewältigen. Nun könne ein FDP-Gesetz für weitere Ausfälle sorgen, auch bei den Ländern: »Schlag ins Kontor« statt »Wachstumschancen«.

»In den meisten Kommunen ist das finanzielle Fundament schwach. Sie werden ihre wichtige Aufgabe der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit voraussichtlich nicht erfüllen können«, so lautet das Fazit einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung. Zwar gebe es eine Reihe positiver Einwicklungen in den Haushalten von Städten und Gemeinden. So haben die Kommunen unter dem Strich 2022 einen Überschuss von 2,4 Milliarden Euro zu vermelden. Dies sei jedoch vor allem ein Resultat guter Konjunktur in vergangenen Jahren und von finanziellen Transfers. 

Für das laufende Jahr rechnen die kommunalen Verbände jedoch mit einem Defizit von 6,4 Milliarden Euro in den Haushalten, das Loch könnte im kommenden Jahr sogar auf fast zehn Milliarden steigen. Der Investitionsrückstand ist bundesweit bereits auf 166 Milliarden Euro angewachsen. Die kommunalpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Katja Maurer, hat noch auf einen anderen Aspekt der Herausforderungen in den Kommunen anlässlich der Studie hingewiesen. Diese zeige »auch, dass Geld allein nicht ausreicht, um mehr Nachhaltigkeit in den Thüringer Kommunen auf den Weg zu bringen. Investitionsmaßnahmen können unter anderem wegen fehlender Fachkräfte sowie Material- und Lieferkettenproblemen, besonders seit der Corona-Pandemie, nicht umgesetzt werden. Die Herausforderungen vor Ort sind und bleiben enorm.«

Das ist nicht zuletzt angesichts der wichtigen Rolle der Kommunen beim Klimaschutz ein Problem. Die Städte und Gemeinden bringen rund 30 Prozent aller öffentlichen Investitionen, bei staatlichen Baumaßnahmen sind es sogar fast zwei Drittel. Ebenfalls auf zwei Drittel lässt sich der kommunale Anteil am öffentlichen Energieverbrauch schätzen, direkt und indirekt, also auch über Unternehmen und Beteiligungen, können den Städten und Gemeinden etwa 38 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen zugerechnet werden. Das Einsparpotenzial der Kommunen wird laut KfW Bankengruppe auf rund ein Drittel dieses Verbrauchs geschätzt. 

Vieles, wo Klimaschutzmaßnahmen direkt umgesetzt werden können, liegt in kommunaler Verantwortung, gleiches gilt für planerische Fragen oder Beratungsangebote. Städte und Gemeinden kennen die Handlungsbedarfe und möglichen Alternativen am besten. Und auch die im Klimaschutz aktive Zivilgesellschaft ist vorrangig »vor Ort« engagiert. Für Klimaschutz und Klimaanpassung haben die Kommunen 2021 rund 15 Prozent ihrer Investitionen aufgewandt. »Ein Vergleich zu vorliegenden Schätzungen des gesamten öffentlichen Investitionsbedarfs zum Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 deutet darauf hin, dass die Kommunen ihre Investitionsanstrengungen in diesem Bereich künftig mindestens verdoppeln müssen«, hieß es bereits vor einiger Zeit in der Studie der KfW.

Das ist schon angesichts der aktuellen Finanzlage kaum zu schaffen. Und nun plant das FDP-geführte Bundesfinanzministerium auch noch zusätzliche Ausfälle – für Kommunen und Länder. Was die Ampel »Wachstumschancengesetz« nennt, soll steuerliche Anreize und Entlastungen für Unternehmen bringen; diese aber führen zu Einnahmerückgängen in den öffentlichen Kassen – bis 2028 summieren sich diese mehr als 32 Milliarden Euro. Den größten Anteil daran sollen nach dem Willen der Bundesregierung die Länder und Kommunen schultern. 

Der linke Ministerpräsident Thüringens, Bodo Ramelow, hat die Ampel-Pläne in der gegenwärtig angedachten Form als nicht akzeptabel zurückgewiesen. »So wie das Wachstumschancengesetz angekündigt wurde, plant die Bundesregierung die finanzielle Untersetzung zu zwei Dritteln den Ländern aufzubürden. Das würde eine inakzeptable Belastung für die Bundesländer bedeuten. Einmal durchgerechnet, wäre das in der Konsequenz für Thüringen ein Einnahmeausfall von 120 Millionen Euro. Geld, das wir für dringende Weichenstellungen im Freistaat benötigen.« Bodo Ramelow betonte, »der, der ein solches Gesetz macht, der soll es bitte auch bezahlen und nicht den finanziellen Handlungsrahmen der Länder derart beschneiden.«

Rückendeckung erhält Bodo Ramelow unter anderem vom Wirtschaftswissenschaftler Achim Truger, der auch im Sachverständigenrat sitzt. »Das schlägt richtig ins Kontor«, wird Truger in Medien zitiert, beim Städtetag spricht man von einer »Hiobsbotschaft« und auch das rot-rot-grün regierte Bremen hat sich gegen die FDP-Pläne ausgesprochen. 

(von Susannes Team)