Zum Europatag am 9. Mai

Ein europäisches Zusammenrücken ist schon lange ein Anliegen linker Bewegungen und der Gewerkschaften. Der 9. Mai erinnert uns an die Ursprünge der EU – aber auch daran, die bestehenden Probleme der Union anzupacken. Mit konkreten, praktisch wirksamen Schritten der Veränderung.

Anlässlich des Europatags am 9. Mai erklärt die Thüringer Bundestagsabgeordnete und europapolitische Sprecherin der Gruppe der Linken, Susanne Hennig-Wellsow:

»Der Europatag erinnert uns an die Ursprünge der EU. Schon zwischen den Weltkriegen und erst recht nach 1945 war ein europäisches Zusammenrücken ausdrückliches Anliegen linker Bewegungen und der Gewerkschaften. Es ging nicht zuletzt darum, die politischen Lehren aus nationalistischen Aggressionskriegen zu ziehen. Um nur ein Beispiel unter vielen zu nennen: Schon 1941 haben die italienischen Antifaschisten Altiero Spinelli und Ernesto Rossi ihre Vision eines freien und vereinigten Europas formuliert. 

Die 1950 von Robert Schuman und Jean Monnet gemachten Vorschläge, die Kohle- und Stahlindustrie Frankreichs und Deutschlands zu vereinen, war dann ein weiterer, wichtiger Schritt für die europäische Integration und die heutige Europäische Union. In dieser Gemeinschaft ist vieles erreicht worden. Gerade in Zeiten sollte man sich das vor Augen führen, in denen die Trommeln des Nationalismus, des Hasses und der Spaltung wieder lauter werden.

Aber der 9. Mai mahnt uns auch, die Probleme der EU anzupacken. Statt guter Nachbarschaft diktieren die Großen den kleinen Staaten den Kurs. Statt sozialer Einigung wird zu oft den Interessen der Wirtschaft Vorrang eingeräumt. Statt europäischer Beschleunigung klimapolitischer Vorhaben stehen zu oft die nationalen Verbrenner-Lobbyisten auf der Bremse. Statt voller demokratischer Kontrolle sind dem Parlament die Hände gebunden. Statt Kern einer Friedensordnung zu sein, setzt Europa immer mehr auf das Militärische. Die europäische Asylpolitik ist ein inhumanes Desaster.

Aber auch wenn das alles noch so ist, so heißt das doch gerade nicht, dass wir zu alten Verhältnissen zurückkehren sollten. Soziale Integration, Ausweitung der Demokratie, wirksamer Klimaschutz – all das sind übergreifende Herausforderungen. Sie lassen sich nicht allein mit nationaler Politik bewältigen. 

Statt die EU zu schwächen, wie es die Wutbewirtschafter fordern, gilt es, die Europäische Idee immer stärker zur Geltung zu bringen. Das geht nur über konkrete, praktische Schritte – zum Beispiel eine Arbeitsschutzrichtlinie zum Schutz vor Stress und körperlicher Überlastung, eine europäische Erwerbslosenversicherung, eine soziale Fortschrittsklausel, um sozialen Grundrechten Vorrang gegenüber Unternehmensinteressen zu geben.«