»Unglaublich wichtig, dass Bürger einbezogen werden«

So etwas dürfte es ruhig häufiger geben – das war eine der Reaktionen auf den ersten »Wahlkreistag« des Projekts »Hallo Bundestag« in Erfurt. Susanne und weitere Abgeordnete haben mit 20 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern diskutiert – über Volksentscheide und Bildungspolitik, die Arbeit im Parlament und eine besseren Beteiligung der Bevölkerung.

Wie bekommen Abgeordnete ein gutes Bild davon, was Menschen in ihrem Wahlkreis beschäftigt? Und wie kann die Politik die Meinungen vieler unterschiedlicher Menschen sinnvoll in ihre Entscheidungen einbinden? Das sind einige der Fragen, die beim Projekt »Hallo Bundestag« im Zentrum stehen. Dabei diskutieren ausgeloste Bürgerinnen und Bürger mit Abgeordneten aus ihren Wahlkreisen. Die Initiative ging nicht von der Politik, sondern »von unten« aus.

Am Samstag kamen so neben Susanne der Ostbeauftragte Carsten Schneider und die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt mit Bürgerinnen und Bürgern aus dem Wahlkreis Erfurt – Weimar – Weimarer Land II zusammen. Table Media hat  fünf von ihnen nach der Diskussion gefragt, was sie von dem Konzept halten.

Der Tenor: »Sowas dürfte es ruhig häufiger geben.« Eine Schulsozialarbeiterin fand »es super, dass die Politiker direkt vor Ort waren, und kann das Projekt nur empfehlen. Denn ich finde es schade, wie viele Leute darüber meckern, was alles nicht funktioniert.« Eine Senioren erhofft sich »von solchen Projekten, dass wir weiter eine Mitsprache haben und die Politik erkennt, dass die Menschen auch wichtig sind und man mit ihnen sprechen muss«.

Es gab natürlich auch Vorschläge zur Verbesserung. So wurde von den Bürgerinnen und Bürgers unter anderem empfohlen, lieber öfter solche »Wahlkreistage« auszurichten, sich dann aber auf jeweils ein Thema zu konzentrieren. Auch sollte das Projekt »bundesweit zur Anwendung kommen, in allen Wahlkreisen«. 

Organisiert werden die »Wahlkreistage« vom Verein »Es geht LOS«. Unter anderem die Berliner Humboldt-Universität zu Berlin begleitet das Projekt wissenschaftlich. Außerdem soll ein Rat aus Expertinnen und Experten begleitend – gemeinsam mit den Abgeordneten und Teilnehmenden – Empfehlungen zur Institutionalisierung von Wahlkreisräten erarbeiten, wie es bei der Robert Bosch Stiftung heißt, die neben anderen Stiftungen und der Bundeszentrale für politische Bildung das Projekt fördert.

Bürgerräte spielen auch in der Diskussion um die Klimakrise eine Rolle und werden etwa von der »Letzen Generation« gefordert. Schon 2021 gab es ein Experiment mit einem »Bürgerrat Klima«, in dem 160 zufällig ausgewählte Menschen diskutiert und Empfehlungen formuliert haben, was ihrer Meinung nach bei der Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens beachtet werden sollte. Nun plant auch der Bundestag die Einsetzung eines Bürgerrates – dabei wird es um das Thema Ernährung gehen. 

Die Politikwissenschaftlerin Christine Landfried hat unlängst auf ähnliche Bürgerräte in Belgien, Frankreich und Irland verwiesen. »Die repräsentative Demokratie kann von der Vielfalt der Beteiligungsmöglichkeiten nur profitieren. Es wäre daher sinnvoll, die Bürgerräte mit Verfahren der direkten Demokratie auf Bundesebene zu verknüpfen«, schreibt sie in der FAZ. Das Thema bundesweite Volksentscheide spielte auch am Samstag beim Erfurter »Wahlkreistag« eine Rolle. Über deren Einführung gab es unterschiedliche Meinungen. (aus Susannes Büros)