Energiewende voranbringen – Planungsverfahren beschleunigen!
10.02.2023 – Susanne Hennig-Wellsow: Verwaltungsgerichtliche Verfahren dauern aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen und mangelhafter Personalausstattung viel zu lange. Das verhindert die Bewältigung der Klima- und Energiekrise.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne jetzt nicht mit „liebe Genossen und Genossen“.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Schade eigentlich! – Stephan Brandner [AfD]: Wäre ehrlicher!)
Erneuerbare Energien schneller auszubauen, ist richtig und gut. Aber es ist natürlich ein komplexer Vorgang von der Entscheidung über die Planung bis zur Umsetzung, und das ist natürlich immer auch ein sensibles Thema, weil man in die Lebensräume von Menschen eingreift, wenn Windparks oder große Solaranlagen gebaut werden.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das ist den Grünen doch egal!)
Wir haben die Verantwortung, die Antworten auf gesellschaftliche Krisen schneller auf den Weg zu bringen,
(Beifall bei der LINKEN)
Stichworte: Klimakrise, Energiewende, neue Mobilität. In diesen Fällen geht es schlicht darum, schnell erneuerbare Energien gewinnen und transportieren zu können und damit die Energieversorgung zukunftsgerecht zu gestalten.
Die Regierungskoalition hat es in der Hand. Aus meiner Sicht könnten Sie handeln und mehr Personal an die Verwaltungsgerichte bringen. Ein Beispiel ist der Pakt für den Rechtsstaat, der zuletzt verhandelt worden ist. Da hat sich die Ampel nicht dazu durchgerungen, die Länder bei der Finanzierung von Personal zu unterstützen. Das wäre eine Maßnahme, um mehr Personal an die Verwaltungsgerichte zu bringen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Klageverfahren an Verwaltungsgerichten dauern meist viel zu lange und können deshalb – und das können wir uns einfach nicht leisten – bei der Bewältigung der Energiewende durchaus blockierend wirken, aufgrund ihrer Komplexität, aber auch wegen der Schwierigkeiten, die sich in rechtlicher Hinsicht ergeben. Hier hat es viel zu viele Blockaden und Unterlassungen in der Vergangenheit gegeben. Ja, dafür gibt es politisch Verantwortliche. Richtig ist aber: Es wird nichts besser dadurch, dass wir mit dem Finger aufeinander zeigen. Ich sage Ihnen ebenso: Es wird auch nichts schneller, wenn man beim Versuch, Blockaden zu lösen und Geschwindigkeit aufzunehmen, nicht ausreichend mutig an allen Stellschrauben dreht oder sehr wichtige Stellschrauben dabei vergisst.
Ich will hier zwei Punkte hervorheben:
Erstens. Die Fehleranfälligkeit von Planungs- und Zulassungsentscheidungen im Umweltrecht und die überlangen Verfahren sind vor allem auf die teils mangelnde Vollzugstauglichkeit materiellrechtlicher Vorschriften zurückzuführen. Das heißt im Umkehrschluss: Wir müssen als Gesetzgeber einfachere Gesetze machen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das gilt vor allem im Naturschutzrecht und im Wasserrecht; darüber sollte man bei diesem Tagesordnungspunkt einmal nachdenken.
Zweitens. Geschwindigkeit braucht ausreichend Personal; darauf bin ich schon eingegangen, nenne es aber trotzdem noch mal an dieser Stelle. Warum zum Beispiel wird das Bundesverwaltungsgericht vom Justizministerium immer noch nicht besser ausgestattet? Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir darüber reden.
(Dr. Thorsten Lieb [FDP]: Haben wir doch! Es ist doch beschlossen im Haushalt!)
– Ja, es muss aber noch kommen. – Man bekommt die Verfahren doch kaum beschleunigt, wenn man nicht an allen Punkten des Verfahrens ansetzt, in den Gerichten, aber auch in den Verwaltungen. Die Ampel sieht das offenbar genauso, zumindest was die Länder angeht. Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und FDP, jetzt gemeinsam mit den Ländern eine umfassende Analyse zu den Personalbedarfen an Verwaltungsgerichten erstellen wollen, ist gut, aber auch überfällig.
(Beifall bei der LINKEN)
Eine Bündelung der erstinstanzlichen Zuständigkeiten der Oberverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts in den Verwaltungsgerichtsordnungen anzustreben, würde zur Rechtsvereinfachung und besseren Übersichtlichkeit beitragen. Das begrüßen wir auch.
(Beifall bei der LINKEN)
Dass Sie Mediations- und Schlichtungsverfahren zum Zwecke einer Verfahrensbeschleunigung ausprobieren wollen, wird von uns unterstützt. Aber es ist wirklich ein bisschen kurios – das darf ich noch hinzufügen und etwas salopp sagen –, dass Sie sich selbst mit einem Entschließungsantrag dazu auffordern.
(Beifall bei der LINKEN – Konstantin Kuhle [FDP]: Gewaltenteilung! Schon mal was davon gehört?)
Es wäre schon überzeugender, wenn die Ampel ihre Forderungen im Entschließungsantrag in die Tat umsetzen würde.
(Dr. Thorsten Lieb [FDP]: Machen wir!)
Das wäre im Übrigen auch schneller.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)