Kommunaler Klimaschutz ins Grundgesetz
Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung – und es wird ohne entsprechende Beiträge der Kommunen nicht klappen. Doch die ächzen ohnehin schon unter Finanzierungsproblemen und Investitionsstau. Ein gesellschaftliches Bündnis fordert daher Bundesregierung und Bundesländer auf, eine neue Gemeinschaftsaufgabe im Art. 91a Abs. 1 GG für Klimaschutz- sowie für Klimaanpassungsmaßnahmen einzurichten.
Eine Erreichung von Klimaschutz-Zielen wird nur möglich sein, wenn die über 10.000 Gemeinden in der Bundesrepublik an dieser Herausforderung in ausreichendem Maße mitwirken können. Doch immer wieder werden Finanzierungsprobleme und die Überantwortung immer neuer Aufgaben an die Kommunen und Städte beklagt. Gleiches gilt für den daraus resultierenden hohen Investitionsrückstand in den Gemeinden.
Doch Kommunen sind zentral beim Klimaschutz, vielerorts möchte man mehr gegen die Klimakrise und für eine Anpassung an deren bereits sichtbare Folgen tun. Welche Potenziale es dabei noch gibt, hat das Bundesumweltamt unlängst berechnet. Und wie es um die kommunalen Klimaschutzinvestitionen und deren Finanzierung bestellt ist, hat das Dezernat Zukunft hier unlängst analysiert. Es zeige sich, »dass weiterhin Unsicherheit über die Größenordnung der kommunalen Investitionsbedarfe und die Verteilung der Kosten zwischen vielfältigen Akteuren herrscht«.
An dieser Stelle setzt eine Initiative von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, Gewerkschaften und Klima-Netzwerken an: Sie fordern Bundesregierung und Bundesländer auf, Kommunen zu kommunalen Klimaschutz- und Klimaanpassungsaufgaben zu verpflichten – diese Aufgaben dann aber auch ausreichend zu finanzieren. »Die Eindämmung der Klimakrise durch Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Das Bündnis fordert deshalb, dass diese auch endlich als Gemeinschaftsaufgabe zwischen Bund, Ländern und Kommunen wahrgenommen werden kann«, heißt es bei dem Bündnis.
Denn bisher sind »im bestehenden System der Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sichere und verlässliche Finanzierungswege für Klimaschutz und -anpassung« keinesfalls sichergestellt. »Wir Kommunen wollen Treiber des sozial-ökologischen Wandels werden, brauchen aber die Unterstützung von Bund und Ländern bei dieser globalen Herausforderung«, sagt der Kölner Bürgermeister und Vorstand des Klima-Bündnisses, Andreas Wolter. Doch angesichts des kommunalen Investitionsstaus von rund 159 Milliarden Euro fehlt bereits Geld, um Leistungen der kommunalen Daseinsvorsorge sicherzustellen. Um Klimaschutz und Klimaanpassung endlich schneller umzusetzen, sind weitere milliardenschwere Investitionen in den Sektoren Energie, Gebäude, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft notwendig.
Dazu brauchen die Kommunen mehr finanzielle und personelle Ressourcen, schätzt auch die Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz, ein. Dabei geht es gewissermaßen um das ganz Große im lokalen Kleinen: »Wir brauchen dringend ein sektorenübergreifendes Management für Maßnahmen, die uns vor Auswirkungen der Klimakrise wie Hitzewellen, Dürre, Überschwemmungen und Waldbränden schützen und die die Energie- und Verkehrswende voranbringen. Dabei spielen die Kommunen eine zentrale Rolle. Jede Kommune muss deshalb verpflichtet werden, Konzepte zur Klimaanpassung und Erreichung der Klimaneutralität inklusive eines Treibhausgas-Monitorings zu erstellen. Dadurch kann systematisch die jährliche Reduzierung von Treibhausgasemissionen in den Kommunen sichergestellt werden«, so Metz.
Auch ver.di-Vorstand Christoph Schmitz, setzt sich für den Vorschlag ein. »Städte, Gemeinden und Landkreise sind die Lebensmittelpunkte von uns Bürgerinnen und Bürgern. Hier entscheiden wir mit, wie wir leben, wohnen, lernen und arbeiten. Das erfordert die Stärkung der Gestaltungkraft dafür, wie wir Energie erzeugen, uns fortbewegen, produzieren oder uns ernähren. Die Akzeptanz des notwendigen Wandels entscheidet sich für die Menschen an der perspektivischen Lebensqualität und damit der Qualität der kommunalen Daseinsvorsorge.«
»In deutlichem Widerspruch zu den Handlungsnotwendigkeiten stehen jedoch häufig die zur Verfügung stehenden Ressourcen der Kommunen. Es fehlt an Personal, straffen Verwaltungsverfahren, rechtlichen Grundlagen und vor allem an ausreichenden finanziellen Mitteln«, heißt es in einem Forderungskatalog. Bundesregierung und Bundesländer sollten eine neue Gemeinschaftsaufgabe im Art. 91a Abs. 1 GG für Klimaschutz- sowie für Klimaanpassungsmaßnahmen einrichten. Dadurch könnten Bund und Länder den Kommunen durch eine Mischfinanzierung ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Das wäre »ein zukunftsweisender Schritt für einen fairen Beitrag Deutschlands zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens und mehr globaler Gerechtigkeit«.
Kommunen sollen zudem mit festen Finanzbudgets rechnen können. Auch sollen die Voraussetzungen für zusätzliches Personal in den Verwaltungen geschaffen werden. Eine Lösung der Altschuldenfrage der Kommunen sei dabei unabdingbar.
Unterstützt wird das Anliegen von einem Rechtsgutachten, das die Optionen aufzeigen möchte, »wie der Staat insgesamt dafür sorgen kann, dass er das tut, was ihm das Bundesverfassungsgericht im Klimabeschluss vom 24. März 2021 aufgetragen hat: Treibhausgasneutralität im Rahmen des CO2-Budgets sichern, also letztlich zumindest die Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes real einzuhalten und damit Grundrechte und globales Klima gleichermaßen schützen.« Im Ergebnis, so die Autorin Roda Verheyen, biete es sich an, »im Grundgesetz einen Art. 91a Abs. 1 Nr. 3 GG zu schaffen. Dadurch entstünde ein Kooperationsgebot zwischen Bund und Ländern und eine Mischfinanzierung der Aufgaben wäre rechtlich zulässig.« (aus Susannes Büros)