Ein Jahr der Transformation

Die Thüringer LINKE drängt angesichts »der drastischen Auswirkungen der Klimakatastrophe, der damit verbundenen notwendigen Energiewende und des demografischen Wandels« auf vorausschauende Gestaltungspolitik und will 2023 zum »Jahr der Transformation« machen. Vorgeschlagen werden unter anderem eine Arbeitskammer, ein Ausbildungsfonds und ökologische Zukunftsinvestitionen für Thüringen.

»Die letzten Jahre waren politisch vom Krisenmodus und -management geprägt«, blickt Landtagsfraktionschef Steffen Dittes auf Corona- und Energiepreiskrise zurück. Nun werde man wieder deutlicher »präventives Gestalten mit Blick auf die Zukunft Thüringens« ins Zentrum rücken. Die Herausforderungen erforderten »grundsätzliche Weichenstellungen und gemeinsames vorausschauendes Handeln, um die Zukunftsfähigkeit und Lebensqualität des Landes sicherzustellen«, so Dittes.

Vor allem geht es der Landes-LINKEN dabei um »Investitionen in die nachhaltige Energieerzeugung, die Energienetze und die Transformation vieler Wirtschaftszweige«. Bei allen Veränderungen, so Dittes, sollen jetzige und künftige Beschäftigte »eingebunden werden und Mitspracherechte haben«.

Die Landtagsfraktion schlägt deshalb die Schaffung einer Arbeitskammer in Thüringen vor, die ähnlich wie Industrie-, Handels oder Handwerkskammer und in Kooperation mit den Gewerkschaften »ergänzend« die Interessen der Beschäftigten vertritt. Eine solche Einrichtung gibt es unter anderem im rot-rot-grün regierten Bremen, dort vertritt die »Arbeitnehmerkammer« als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Interessen von Beschäftigten – von der Rechtsberatung über Weiterbildung bis zur Unterstützung von Betriebs- sowie Personalräten sowie der fachlichen Intervention in öffentliche Debatten über Wirtschafts- und Sozialthemen. 

Laut Dittes könne eine Thüringer Arbeitskammer eine »Brückenfunktion« zwischen Unternehmen und Beschäftigten erfüllen. Weitere Aufgaben könnten auf dem Feld der Integration liegen. Denn mit dem demografischen Wandel »steht Thüringen vor der nächsten großen Herausforderung der kommenden Jahre«, mahnt der linke Landtagsfraktionschef. Schon bis 2024 werden 250.000 weniger Personen im erwerbsfähigen Alter dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Für den Erhalt und den Ausbau der Daseinsvorsorge, der Bildungsangebote, für das Gesundheitswesen und andere Sektoren des öffentlichen Dienstes, aber ebenso für die regionalen Unternehmen und den sozialökologischen Umbau braucht es also zusätzlicher Arbeitskräfte.

Dabei nimmt die Thüringer LINKE zwei Hebel in den Blick: die Verbesserung der Möglichkeiten für den Nachwuchs, also Bildung, Ausbildung, Weiterbildung. Dittes hat hierzu unter anderem den Vorschlag eines Ausbildungsfonds unterbreitet, einer »Umlage zugunsten ausbildender und kleiner Betriebe«. Der andere Hebel ist die Verbesserung der Bedingungen für die Integration von Migrantinnen und Migranten.

»Bereits seit 2014 können wir unser Beschäftigungswachstum und unseren Wohlstand nur dank Beschäftigter mit ausländischer Staatsangehörigkeit halten«, auf diesen Fakt hat der linke Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow unlängst hingewiesen. »Das hohe Level an Wirtschaftskraft, Innovationsfreude und Wohlstand können wir nur halten und ausbauen, wenn wir uns den demographischen Herausforderungen der Zukunft mit offenem Visier stellen.« Dazu gehöre, in Thüringen etwas für Einwanderung zu tun »und unser Bundesland zu einem attraktiven Lebensmittelpunkt für Menschen machen, die auf den Arbeitsmärkten dringend gebraucht werden«, so Ramelow. 

Die Ausgangsbedingungen dafür seien sehr gut, sagt der linke Regierungschef und nennt unter anderem die Kindergarteninfrastruktur. »Wir müssen uns vor der Zukunft nicht fürchten. Wir haben seit 1990 in Thüringen eine Entwicklung durchlaufen, die uns gut auch auf die Unsicherheiten der Zukunft vorbereitet hat. Wir leben in einem Bundesland, dessen Menschen tagtäglich die Ärmel hochkrempeln und anstatt Probleme nur zu beschreiben oder zu klagen, anpacken und selbst tätig werden«, so Ramelow.

Damit verbunden ist zugleich Kritik an denen, die aus parteipolitischen Motiven die Lage in Thüringen gern schlechter reden als sie ist. Und eine klare Absage an die Hetzer von rechts. Auch Steffen Dittes lädt zur konstruktiven Auseinandersetzung ein: »Politik nur für die nächste Schlagzeile, oder gar zur Spaltung, ist dabei fehl am Platz. Nur so können der erforderliche Wandel aktiv gestaltet, Mitbestimmung gesichert und negative Folgeeffekte verhindert werden.«

Fortsetzen will die Thüringer LINKE auch den Weg der Förderung von Zukunftsinvestitionen im Freistaat. Bereits mit dem Sondervermögen zur Bewältigung der Energiekrise Ende 2022 hatte der Thüringer Landtag 30 Millionen Euro für Nachhaltigkeitsinvestitionen bereitgestellt. »Förderprogramme wie diese muss es auch darüber hinaus geben, um besonders kleine und mittlere Unternehmen bei den notwendigen Umstellungen im Bereich der Dekarbonisierung zu unterstützen«, darum wirbt nun Dittes. Nötig seien auch gesetzliche Anpassungen, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zur Errichtung erneuerbarer Energien zu vereinfachen und zu beschleunigen. Und nicht zuletzt: die Stärkung der kommunalen Versorgungsunternehmen.

Denn für die Transformation sind alle auf die entsprechende Infrastruktur angewiesen – Bürgerinnen und Bürger, die Politik und der öffentliche Sektor, aber eben auch die privatwirtschaftlichen Betriebe. Für Dittes geht es hier nicht zuletzt darum, in zwei Richtungen gleichzeitig zu denken: »Für die Umstellung auf regenerative Energieträger und eine Dezentralisierung der Stromerzeugung braucht es den Ausbau der Energienetze«, so der Linksfraktionschef. Genauso wichtig sei aber, »den Energiebedarf gesamtvolkswirtschaftlich zu reduzieren«. Hierbei solle die Thüringer Aufbaubank die kommunalen Unternehmen unterstützten – vorausschauende Gestaltungspolitik im Jahr der Transformation 2023. (aus Susannes Büros)