Stichwort: Armut im ländlichen Raum

Von »abgehängten Dörfern« und mangelnder Infrastruktur im ländlichen Raum ist oft die Rede. Armut gilt vielen jedoch als vor allem städtisches Problem. Dabei gerät aus dem Blick, wie sich Armut im ländlichen Raum entwickelt, welche Besonderheiten sie hat, warum es wohl eine höhere Dunkelziffer gibt und ländliche Armut in ostdeutschen Regionen besonders gravierend ist. Auch die Forschung, sagen Expertinnen und Experten, hängt hinterher. Ein Überblick.

Armutsberichte erscheinen heute ebenso regelmäßig, wie wir fast täglich neue Daten über die Zahl derer erfahren, die von Armut bedroht sind, deren Einkommen nicht ausreicht, um mal eben zusätzliche Kosten wie etwa Energienachzahlungen zu stemmen, oder über Menschen, die nicht in den Urlaub fahren können. Ob es und welche Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt, bleibt dabei meist offen oder vage. Dabei ist Armut genauso auch im ländlichen Raum verbreitet. Und sie nimmt dort teilweise andere Formen an. 

In der »Speis« von Gunzenhausen in Mittelfranken, einer Art Tafel-Angebot der Diakonie, ist bis Januar Aufnahmestopp. Auch bei den Tafeln in Treuchtlingen und Weißenburg können keine neuen Berechtigungsscheine ausgestellt werden, so schildert ein Bericht des Senders BR die aktuelle Lage in einer bayerischen Region. Es gebe weniger Spenden, und die Zahl derer, die hier vergünstigte Lebensmittel kaufen können, habe sich verdreifacht.

Dies ist nur ein Beispiel, aber besonders viele Medienberichte über Armut auf dem Lande findet man nicht. Dass der BR-Bericht die Überschrift »Versteckte Armut im ländlichen Raum« trägt, hat dabei eine doppelte Bewandnis: Erstens, weil dafür tatsächlich weniger Aufmerksamkeit besteht; und zweitens, weil sich »von Armut Betroffene im ländlichen Raum verstecken«, wie es der BR formuliert. In der nicht gerade üppigen aktuellen Forschung über ländliche Armut ist von Angst vor Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung und Scham die Rede. Aber was weiß die Wissenschaft überhaupt über Armut im ländlichen Raum?

Der österreichische Agrarsoziologe Georg Wiesinger befasst sich seit langem mit dem Thema. In einem 2022 erschienenen Sammelband verweist er darauf, dass ländliche Armut »zahlreiche strukturelle Ursachen« hat. Dazu gehören begrenzte Erwerbsmöglichkeiten und niedrigere Einkommen, diesen aber stehen höhere Kosten für »Mobilität und Wohnraumbeschaffung gegenüber, was nicht selten zur Verschuldung der Haushalte führt«. Dies betreffe vor allem Jüngere in der Zeit der Familien- und Haushaltsgründung; trete dann ein Schicksalsschlag wie Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Scheidung oder ein Todesfall in der Familie ein, verschärfe sich die finanzielle Lage unter Umständen dramatisch. Aus Scham oder Unwissenheit unterbleibe der Gang zur Schuldnerberatung. 

Im Dritten Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume aus dem Jahr 2020 heißt es unter anderem, »die Auswirkungen von Armut betreffen in ländlichen Räumen insbesondere ältere, mobilitätseingeschränkte und/oder behinderte Personen und jene, die über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügen. Bei einem oft unzureichenden ÖPNV-Angebot sind für diese Personengruppen Infrastrukturen und Einrichtungen – anders als in den Ballungsräumen – kaum oder nur mit großem Aufwand erreichbar. Auch für alleinerziehende Personen dürfte sich in ländlichen Räumen die schlechtere Verfügbarkeit von wohnortnahen Betreuungseinrichtungen für (Klein-)Kinder nachteilig auf den Lebensalltag und die Beschäftigungsfähigkeit auswirken. Staatliche und nichtstaatliche Unterstützungsmöglichkeiten sowie alternative Möglichkeiten sozialer und kulturelle Teilhabe etwa durch ehrenamtliches Engagement dürften in ländlichen Räumen für von Armut betroffene Personen schlechter erreichbar und daher tendenziell weniger gut verfügbar sein.« 

Aber ländlicher Raum ist nicht gleich ländlicher Raum. In einem 2021 abgeschlossenen Forschungsprojekt des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung über soziale Stadt- und Ortsentwicklung in ländlichen Räumen, wird auf »Unterschiede in den Problem- und Bedarfslagen sozial benachteiligter Personen zwischen Mittel-/Kleinstädten und Landgemeinden« hingewiesen. »Die Problemlagen in Klein- und Mittelstädten ähneln stark den Problemlagen sozial Benachteiligter, wie man sie aus großstädtischen Zusammenhängen kennt«. Dem gegenüber zeigten sich in den Landgemeinden andere »Problem- und Bedarfslagen sozial benachteiligter Personen. Nicht vorhandene Mobilitätsmöglichkeiten führen zu erheblichen Einschränkungen und Teilhabedefiziten in unterschiedlichen Lebensbereichen. Eine geringere Anonymität in ländlichen Räumen kann zu Ausgrenzung führen. Die Angst vor Stigmatisierung führt in ländlichen Räumen zu einem Rückzug der sozial Benachteiligten und einer geringeren Teilhabe bis hin zur sozialen Isolation.«

Verallgemeinern auf alle dörflichen Gemeinden lässt sich das aber auch nicht. »So gibt es Dörfer mit funktionierenden sozialen Netzen in Form von Vereinsstrukturen und Nachbarschaftshilfe, aber auch solche ohne ein solches soziales Gefüge«, heißt es beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Als wichtigste Faktoren für das Armutsrisiko in ländlichen Räumen werden unter anderem Erwerbslosigkeit, die Herausforderung der Instandhaltung selbst genutzten Wohnraums und die Mobilitätsarmut genannt. »Im Gegensatz zum städtischen Raum gibt es auf dem Land häufig keine hinreichende Substitutionsmöglichkeit zur motorisierten individuellen Mobilität, die die Voraussetzung für die Teilhabe in vielen Bereichen schafft.«

In dem interdisziplinären Handbuch »Dorf« von 2019 heißt es mit Blick auf Armut im ländlichen Raum, für das Thema seien »in der Vergangenheit wie in der Gegenwart drei Perspektiven bzw. Fragestellungen prägend (gewesen). Einmal geht es um die Frage, ob Strukturen der materiellen Benachteiligung im ländlichen Raum von gleicher Art sind wie in verdichteten Räumen, vor allem Städten, und wie deren Ausmaß im Vergleich ist oder ob es so etwas wie eine spezifisch ländliche Armut gibt. Damit verbunden ist zum einen die Vorstellung des ländlichen Raumes mit dem Dorf als seinem jeweiligen Kern und zum anderen die Frage, wie sich der ländliche Raum mit der ihn bis vor drei bis vier Jahrzehnten prägenden Landwirtschaft inzwischen entwickelt hat und wie er in der Gegenwart zu interpretieren bzw. in seiner gegenwärtigen Situation und im Blick auf seine zukünftigen Entwicklungen zu beurteilen sei. Die letzte Perspektive bezieht sich dann auch auf die Vorstellung der Selbsthilfekräfte im ländlichen Raum, die häufig (mythologisierend) als Selbstheilungskräfte in Bezug auf zahlreiche soziale Probleme der Moderne interpretiert wurden, und damit um die Frage, wie es um die damit verbundenen Möglichkeiten und Erwartungen unter den Bedingungen der Gegenwart bestellt ist.«

Was die »Klärung der damit angesprochenen Fragen« angeht, ist man in dem Handbuch zurückhaltend, »da der aktuelle wissenschaftliche Forschungsstand zur Armut im ländlichen Raum unbefriedigend ist, werden viele Aussagen nur Näherungscharakter haben können«. Andreas Klärner hat schon vor einigen Jahren darauf hingewiesen, dass das Thema Armut in ländlichen Räumen in der Bundesrepublik »weder in der sich seit den 1980er Jahren entwickelnden Armutsforschung sonderlich prominent« bearbeitet worden sei, noch habe »sich die Landsoziologie in der letzten Zeit näher mit dem Thema befasst. Auch im politischen Raum wird dem Thema hier wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Ich bin aber der Überzeugung, dass es gute Gründe dafür gibt, sich auch in Deutschland wieder intensiver mit dem Thema zu beschäftigen 

Der Soziologe Klärner hat sich seit längerem mit »Armut und soziale Teilhabe in ländlichen Räumen« unter anderem in einem Projekt für das Thünen-Institut befasst, in dem »die unterschiedlichen ›Gesichter der Armut‹ in ländlichen Räumen untersucht« werden. »Aus vorliegenden Fallstudien lässt sich eine Reihe von begründeten Annahmen oder Vermutungen darüber ableiten, dass Armut in ländlichen Räumen einige Besonderheiten gegenüber der Armut in Großstädten aufweist«, so Klärner: Sie sei »sehr wahrscheinlich verdeckter als in der Stadt und könnte in den offiziellen Statistiken unterrepräsentiert sein«, das heißt, man müsste mit einer höheren »Dunkelziffer der Armut« in ländlichen Räumen rechnen. Zudem werde ländliche Armut durch Mobilitätsarmut »in besonderer, nur in ländlichen Räumen anzutreffender Weise verschärft«. Vor allem im Osten seien durch Schrumpfungsprozesse die Infrastrukturen ausgedünnt worden; auch dies sei ein verstärkender Faktor, ebenso wie die »selektive Abwanderung von jüngeren, gut ausgebildeten Menschen«. 

Auch Klärner weist darauf hin, dass »entgegen der landläufigen Vorstellung, dass in kleineren (Dorf-)Gemeinden der soziale Zusammenhalt stärker ist und ein besseres Verständnis für individuelle Notlagen vorherrscht«, ländliche Armut »in ihrer Wirkung möglicherweise besonders stigmatisierend für die Betroffenen« sei, »da die persönliche Lebenssituation in kleineren Gemeinden eher zum Gesprächsthema wird«. Hierzu liest man bei Georg Wiesinger: »Wie die dörfliche Gemeinschaft mit verarmten Mitgliedern umgeht, hängt wesentlich davon ab, ob die Armut als unverschuldet oder schuldhaft herbeigeführt bewertet wird.« Das eine errege eher Mitleid, das andere führe »als selbstverschuldet konnotierte Armut häufig zu Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung der Betroffenen. Wird Armut nicht als strukturelles, sondern als individuelles Problem verstanden, so gilt sie auch oft als Strafe für ›Fehlverhalten‹. Armut ist bei den Betroffenen oft mit sehr viel Scham behaftet, sodass sie nicht angesprochen und versteckt wird. Selbst berechtigte Ansprüche auf Sozialhilfeleistungen werden nicht in Anspruch genommen, um der sozialen Ächtung zu entgehen.«

Zum Teil ist in der Forschung aber auch Bewegung erkennbar; inzwischen gibt es eine Reihe neuerer Studien zu den Auswirkungen von Armut in ländlichen Regionen, etwa für Baden-Württemberg und Niedersachsen. Ein Forschungsbericht im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2015 hat zum Beispiel versucht, »die Betroffenheit von Armutsrisiken auch in räumlicher Hinsicht kleinteiliger erfassen als dies in den großflächigen Statistiken üblicherweise geschieht. Damit sollten nicht nur Stadt-Land-Unterschiede genauer beschrieben«, sondern auch »auf die Unterschiedlichkeit von Lebenslagen und Schicksalen« hingewiesen werden. 

Ebenfalls 2015 veröffentlichte die CSU-nahe Hans-Seidel-Stiftung einen Sammelband zum Thema, der im Titel die ländliche Armut als »Tabu-Thema« bezeichnete. Steffen Maretzke vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat in diesem Band anhand von Daten gezeigt, »dass die Regionen im ländlichen Raum sehr verschieden vom Armutsrisiko betroffen sind. Per Saldo fällt das Armutsrisiko in den ländlichen Räumen sogar etwas stärker als in den städtischen Räumen aus, was sicherlich der ungünstigen Situation in den neuen Ländern geschuldet ist.« Es zeige sich »ein starkes Ost-West- Gefälle, denn es sind vor allem ostdeutsche Regionen, zum Beispiel die Landkreise Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Uckermark und Görlitz, die Höchstwerte des Armutsrisikos realisieren. Der ländliche Raum der alten Länder ist vergleichsweise weniger betroffen.«

Bereits 2013 hat Rudolf Martens, Leiter der Paritätischen Forschungsstelle im Paritätischen Gesamtverband, auf die Besonderheiten von Armut auf dem Land hingewiesen. »Der Unterschied zwischen städtischer und ländlicher Armut liegt, neben der schlechteren Versorgung mit sozialen Dienstleistungen, in der potenziellen Mobilitätsarmut der Empfänger von Grundsicherungsleistungen wie Hartz IV, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung«, so Martens. »Alle Einrichtungen und Dienste, die in Städten stets mehrfach vorhanden sind und die man in der Stadt gut erreichen kann, sind im ländlichen Raum oft nur mit Mühe erreichbar.« So bestehe »oftmals der Zwang, selbst als Hartz IV-Empfänger ein Auto zu unterhalten. Dies ist aber nur leistbar, wenn an notwendigen Ausgaben an anderer Stelle gekürzt wird. Für Einkommensarme ist das Leben mit Kindern oder als Mensch mit Behinderungen bzw. mit chronischen Erkrankungen oder als alter Mensch oft viel mühsamer, zeitaufwendiger und teurer als in der Stadt. Für erwerbsfähige Menschen, die langzeitarbeitslos sind oder nur eine Beschäftigung mit Niedriglohn haben, ist es in den meisten ländlichen Gebieten schwieriger als in der Stadt, einen gut bezahlten Arbeitsplatz zu bekommen. Oft wird dies nur durch lange Fahrwege oder Fernpendeln möglich sein.« Im ländlichen Raum könnte Armut also »eine spezifische Ausprägung als ›Mobilitätsarmut‹ annehmen – eine Armutsform, die es so in der Stadt nicht geben kann 

Martens wies damals darauf hin, Untersuchungen hätten gezeigt, »dass die Schamgrenze bei der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen im ländlichen Bereich besonders hoch ist. Zustehende Sozialleistungen werden oftmals nicht beantragt, um das Stigma« zu vermeiden. In der Medienwirklichkeit werde Armut auf dem Lande nach Ansicht von Martens »kaum wahrgenommen. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass im Westen mehr als 85 Prozent der Armutsbevölkerung in Städten und im Stadtumland lebt, in Ostdeutschland sind das mit gerundet 60 Prozent deutlich weniger.« Schon seinerzeit warnte Martens, »Vorausberechnungen der künftigen Rentenhöhen weisen eindeutig darauf hin, dass wir in Ostdeutschland ab ca. 2020 mit einer stark steigenden Altersarmut zu rechnen haben.« Dies treffe im Osten die Städte wie den ländlichen Raum.

Eine oft zitierte Studie zur Armut in ländlichen Räumen stammt von Marlis Winkler und wurde für das Sozialwissenschaftliche Instituts der EKD im Jahr 2010 erstellt. 2008 waren 16 Prozent der Bevölkerung in der Bundesrepublik als armutsgefährdet eingestuft worden. »Sie bilden eine außerordentlich heterogene Gruppe. Ein Teil dieser Gruppe lebt auf dem Land. Oft unscheinbar, ohne Lobby. In den Medien sind diese Menschen wenig präsent«, so Winkler in einer Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse. In der Studie wurden 30 Frauen und Männern in fünf Landkreisen in Niedersachsen ausführlich befragt. »Sie schildern ihre Situation, teilen Sorgen und Ängste mit, äußern Gefühle und geben einen Einblick in ein Leben am Rande der dörflichen Gemeinschaft. Manch einer hat in bestimmten Situationen Ausgrenzung erlebt, andere wiederum ziehen sich aus Scham selbst aus der Gemeinschaft zurück. Die Befragten berichten aber auch von ihren Fähigkeiten, ihr Leben mit wenig Geld zu managen. Sie haben gelernt, mit dem Mangel zu leben. Darin liegt ihre Kompetenz«, heißt es in der Studie. 

Das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD fasst die Ergebnisse der Befragung in mehreren Kernaussagen zusammen, darunter: »Arme wollen nicht als Arme identifiziert werden, die soziale Kontrolle in der dörflichen Struktur wird als belastend erlebt, Arme fühlen sich ausgeschlossen aus der Dorfgemeinschaft«, aber eben auch: »Arme erleben in der ländlichen Struktur Schutz, Mobilität ist ein Schlüssel zur Teilhabe, die Menschen haben gelernt, mit Armut und Mangel zu leben, Teilhabe von Armen braucht Wertschätzung und Anerkennung«.

Heinrich Becker, der damals an der Studie beteiligt war, hat begleitend auf die damals unzureichende Forschungslage hingewiesen. »Eine kurze Forschungskonjunktur hatten Projekte zur Armut in ländlichen Räumen in den 1980/90er Jahren«, so Becker, der unter anderem auf Karl August Chassé: Ländliche Armut im Umbruch. Lebenslagen und Lebensbewältigung von 1996 verweist. »Die Kennzeichnung des aktuellen Forschungsstands«, so Becker 2010, »fällt leicht. Die Suche nach aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Armut in ländlichen Räumen endet weitgehend erfolglos.« 

Dies führte auch dazu, dass eine Studie der Europäische Kommission zu Armut und soziale Ausgrenzung im ländlichen Raum im Jahr 2008 geradezu mahnte: »Ländliche Armut ist ein wichtiger Bestandteil der Europäischen Armut, wenn man den ländlichen Raum, der einen großen Teil Europas ausmacht, und die Bevölkerung der 27 Mitgliedstaaten betrachtet«, heißt es da. »Trotzdem wurden die spezifischen Aspekte des ländlichen Raums auf EU-Ebene bei der Armutsuntersuchung vernachlässigt; das Bewusstsein der öffentlichen Meinung in Europa sowie die Absichtserklärungen der öffentlichen Einrichtungen bezüglich den Problemen der ländlichen Armut sind äußerst schwach 

Eine wichtige Hürde auf dem Weg zu gelingenden Strategien zur Besserung der Lage sei, so die EU-Kommission »die politische Belanglosigkeit der ländlichen Armen«. Es gehe um Faktoren, die »ein mangelhaftes öffentliches Bewusstsein rund um das wahre Verständnis der ländlichen Armut und die Notwendigkeit« geschaffen hätten. So müsse etwa der »Mangel an angemessene Daten und Auswertungen« überwunden werden, »die ländlichen Armen Europas sind in offiziellen Statistiken und Dokumenten oft unsichtbar«.

Außerdem sollten ländliche Arme mehr zu Wort kommen, auch wenn sie »weniger organisiert als die urbanen Armen sind, weil sie geographisch verstreut sind und in abgelegener Lage zu den politischen und wirtschaftlichen Ballungszentren des Landes stehen«. Auch müssten, sie die EU-Kommission, die »gegenüber ländlichen Räumen existierenden Stereotypen« abgebaut werden, etwa jene, laut der »die Unterstützung der Familien und der Gemeinden im ländlichen Raum stärker ist als im städtischen und, daher Sozialhilfeleistungen an die Armen weniger nötig wären«. (zusammengestellt von Susannes Büros)