Solidarisch gegen die Krise auf Landesebene

Immer mehr Bundesländer stellen eigene Programme gegen die Energiepreiskrise auf die Beine – zum Beispiel Nothilfe im links regierten Thüringen und Maßnahmen gegen Energiearmut als Priorität von Rot-Rot-Grün in Berlin. In Bremen schlägt die LINKE einen neuen Sonderfonds vor, im Nordosten richtet Rot-Rot einen Härtefallfonds ein. Solidarische Vorschläge gegen die Energiepreiskrise kommen aber auch aus anderen Linksfraktionen. Ein Überblick.

Thüringen

Im rot-rot-grün regierten Thüringen ist Ende der vergangenen Woche ein 407 Millionen Euro umfassendes Energiehilfeprogramm beschlossen worden – für Unternehmen, Stadtwerke, Vereine, Privathaushalte, Schulen und Kindergärten. Rund 350 Millionen Euro sollen aus der Rücklage des Landes entnommen werden, 57 Millionen Euro kommen aus dem Thüringer Corona-Sondervermögen. 

Linksfraktionschef Steffen Dittes erklärte, man schaffe damit »Planungssicherheit in ungewissen Zeiten.« Das »solidarische Nothilfeprogramm« sei »ein erster gewaltiger Schritt. Damit die Hilfen dort ankommen, wo sie hinsollen, müssen noch viele kleinere Schritte folgen. Es reicht nicht, über Hilfen nur zu reden, denn sie sind erst wirksam, wenn sie bei den Hilfebedürftigen auch tatsächlich angekommen sind.« Mit einem konkreten Wirtschaftsplans werde, zielgenau geregelt, »wie das Nothilfeprogramm bei den Richtigen ankommt« und dass Hilfen nicht »nach dem Gießkannenprinzip« ausgeschüttet werden. Das neue Sondervermögen werde bis 2025 zur Verfügung stehen.

Unter anderem wird das Land Thüringen mit den finanziellen Mitteln des Sondervermögens den Mittelstand unterstützen, heißt es beim Wirtschaftsministerium des Freistaates. Mit einem »Drei-Säulen-Programm« würden »ganz konkrete Vorschläge zur Unterstützung der Thüringer Wirtschaft« vorgelegt; es gehe um einen »Dreiklang aus Zuschüssen, Krediten und der Flankierung von Investitionen zur Dekarbonisierung, Effizienzsteigerung und Senkung des Energieverbrauchs«. 

Eine Säule besteht aus einem Härtefallfonds, über den im Falle besonderer Härten das Land mit einem Zuschuss in Form einer Billigkeitsleistung helfen kann. Die zweite Säule soll der Liquiditätssicherung von Firmen dienen, dazu wurden unter anderem die entsprechenden Bürgschaftsrichtlinien erweitert und der Konsolidierungsfonds erheblich verstärkt. Die dritte Säule bestehe aus Förderprogrammen, die die Investitionsfähigkeit gewährleisten sollen – vor allem in Richtung Energieeffizienz, Energieeinsparung und Dekarbonisierung. 

Berlin

Im rot-rot-grün regierten Berlin versucht die Linksfraktion »alles, um die Folgen der Krise abzufedern, Energiearmut zu verhindern und Menschen mit geringen Einkommen zu entlasten«. Die Bekämpfung von Energiearmut war deshalb schon Priorität der LINKEN bei der Aufstellung des Landeshaushaltes. Über eine neue Rücklage »Energiekostensteigerung« sollen Mehrkosten im öffentlichen und privaten Bereich abgefedert werden; dafür sind für die Jahre 2022 und 2023 bereits 380 Millionen Euro eingeplant. 

Enthalten sind darin unter anderem ein Härtefallfonds gegen Energiearmut, mit dem Wohnungskündigungen und Energiesperren aufgrund von steigender Nebenkosten verhindert werden sollen. Mit weiteren gezielten Entlastungsmaßnahmen für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen sollen zudem auf Landesebene Lücken geschlossen werden, welche die Bundesregierung in ihren Programmen offen lässt. Außerdem hat sich die rot-grün-rote Koalition bereits darauf verständigt, einen Nachtragshaushalt vorzubereiten, dessen Volumen die bisher verabredeten Landeshilfen um ein Vielfaches ergänzt.

Außerdem hat das rot-rot-grüne Berlin ein Kündigungsmoratorium bei den kommunalen Wohnungsunternehmen beschlossen, damit niemand aufgrund von Energieschulden, die schnell zu Mietschulden werden können, seine Wohnung verliert. Die linke Senatorinnen für Justiz, Lena Kreck, »hat sich auf Anregung von Sozialsenatorin Katja Kipping mit einem Schreiben an die Berliner Gerichte gewandt, um sie für besondere Notlagen von Menschen mit geringen Einkommen in der aktuellen Krise zu sensibilisieren. Wo immer die Möglichkeit besteht, sollte die Durchführung von Zwangsräumungen ausgesetzt werden.« Zudem wird die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale, durch die bereits in den vergangen Jahren viele Strom- und Gassperren abgewendet werden konnten, verstetigt.

Darüber hinaus hat sich die Berliner Linkspartei Ende September für weitere Entlastungen für Mieterinnen und Mieter bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen ausgesprochen. »Wir werden uns bei den Verhandlungen um eine neue Kooperationsvereinbarung für eine Deckelung der Mieten im Bestand und bei der Wiedervermietung sowie für Verbesserungen bei der Härtefallregelung einsetzen. Kein Haushalt soll mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Bruttowarmmiete ausgeben müssen. Im Bestand und im Neubau der landeseigenen Wohnungsunternehmen brauchen wir mehr preisgünstigen Wohnraum für WBS-Berechtigte.«

Berlin bietet von Oktober bis Ende Dezember ein Ticket für 29 Euro pro Monat an – als landeseigene Anschlusslösung für das erfolgreiche 9-Euro-Ticket, das vielen Menschen Mobilität ermöglicht hat, die sie sich zuvor nicht leisten konnten. Außerdem hat sich der Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, einer der größten Verkehrsverbünde in Europa, für eine preisliche Absenkung des Sozialticket zum 1.1.2023 ausgesprochen. »Natürlich hätten wir als LINKE es lieber gesehen, wenn dieser Schritt zeitgleich mit der Einführung des 29-Euro-Tickets erfolgt wäre«, sagt der mobilitätspolitische Sprecher der Berliner Linksfraktion, Kristian Ronneburg. Man spreche sich nun klar für ein Sozialticket zum Preis von maximal 9 Euro aus, »so dass auch die Menschen, die besonders unter der Krise leiden, eine spürbare Entlastung erfahren«.

Bremen

Im rot-rot-grün regierten Bremen fordert die Linksfraktion unter anderem, dass das Land einen Beschluss zur Notsituation treffen soll, um so trotz Schuldenbremse den Weg für einen neuen Sonderfonds in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro zu ebnen. Dies sei »angesichts der außerordentlichen Notlage durch gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise, Inflation und Rezession infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine« unverzichtbar. Senat und Bürgerschaft sollten in ihren Beschlüssen für den Nachtragshaushalt 2023 die Ausnahmeregelung von der Schuldenbremse vorsehen und damit die Kreditaufnahme zur Bekämpfung der Krisenfolgen ermöglichen.

Die Bundesmaßnahmen »kommen zu langsam oder sind nicht zielgerichtet«, so Sofia Leonidakis, Vorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Deshalb müssten diese nun »auf Landesebene ergänzt werden durch gezielte Rettungsschirme und Investitionen gegen den wirtschaftlichen Abschwung«. Der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der LINKEN, Klaus-Rainer Rupp, erinnerte in diesem Zusammenhang an den »Bremen-Fonds«: Was die Linksfraktion vorschlage »kennen die Bremer*innen schon und sie haben positive Erfahrungen damit gemacht«. Mit dem neuen Sonderfonds wolle man »private Haushalte stützen und deutlich da entlasten, wo die Lösungen der Bundesebene ausbleiben«. 

Der neue »Bremen-Fonds zur Abwendung der sozialen und ökonomischen Verwerfungen durch die Energiepreiskrise« zielt auf sechs Schwerpunkte. Erstens Entlastungen für private Haushalte, so dass Gas- und Stromsperren notfalls auch mit Landesmitteln abgewendet werden und öffentliche Wohnungsbaugesellschaften ein Kündigungsmoratorium bei Zahlungsverzug umsetzen können. Parallel zur Umsetzung des Nachfolgeangebots für das 9-Euro-Ticket soll in Bremen zudem das Sozialticket weiter vergünstigt werden. Zweitens sollen für öffentliche Einrichtungen etwa Schulen, Kitas, Hochschulen, das Studierendenwerk Mehrkosten übernommen werden, die durch die allgemeine Preissteigerung und durch gestiegene Energiekosten entstehen. Zudem geht es um die deutliche personelle Aufstockung der Wohngeldstelle, der Bremer Aufbaubank der Verbraucherzentrale für die Energieberatung und anderer Einrichtungen. 

Dritter Schwerpunkt soll der Ausgleich der Preissteigerungen bei Zuwendungsempfänger*innen, Sportvereinen, offener Jugendarbeit, Kultureinrichtungen und freigemeinnützigen Krankenhäusern sein. Viertens sollen aus dem neuen Bremen-Fonds Energiekosten- und Preissteigerungen für Eigenbetriebe und Beteiligungen des Landes übernommen werden, etwa im Gesundheitsbereich oder den Bremer Bädern. Fünftens geht es schwerpunktmäßig um Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Soloselbstständige und schließlich sechstens um den Kurswechsel bei den Hilfen: um Förderprogramme für Energiesicherheit und Umbau der Versorgung auf regenerative Energien.

Übrigens: Bereits seit 2020 existiert ein Härtefallfonds für Bürgerinnen und Bürger, »die wegen Zahlungsrückständen mit einer Strom-, Gas oder Wassersperre rechnen müssen, sollen Hilfe aus einem neu eingerichteten Härtefallfonds des Landes erhalten, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind«, erläutert die Hansestadt. Der Fonds wurde mit 250.000 Euro ausgestattet. 

Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern hat die rot-rote Landesregierung einen Härtefallfonds gegen die Folgen der Preiskrise eingerichtet – in Höhe von 30 Millionen Euro aufstellen. Wie der NDR Anfang Oktober meldete, gehe man in der Landesregierung davon aus, dass es noch einige Wochen dauern werde, bis Bundesmaßnahmen wie die Strom- und Gaspreisbremse ihre Wirkung entfalten. »Viele Privathaushalte und Unternehmen könnten die Zeit bis dahin aber nicht überbrücken, da sie schon jetzt höhere Abschläge bei den Energiekosten zahlten. Die Landesregierung will deshalb kurzfristig mit Geld aus dem Härtefallfonds helfen – als Überbrückungsdarlehen. Das Geld soll nicht direkt an die Betroffenen, sondern an die kommunalen Energieversorger gehen. Diese sollen damit die Rechnungen stunden können oder Raten vereinbaren, bis die Energiepreisbremse wirkt. Das könne jedoch nicht für alle gelten. Die kommunalen Versorger sollen sensibel entscheiden, wann eine besondere Härte besteht.«

Ende August hat sich die rot-rote Landesregierung  in Rostock mit Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen, der Wirtschaft, der Gewerkschaften, der Sozialverbände, der regionalen Energieversorger sowie des Verbraucherschutzes zu einem Energiegipfel Mecklenburg-Vorpommern getroffen. Dabei wurden »drei zentrale gemeinsame Herausforderungen« definiert, unter anderem ein verstärkter Ausbau der Erneuerbaren Energien. Hier unterstützt Rot-Rot unter anderem mit einem 10 Millionen-Euro-Programm Investition von steckerfertigen Photovoltaik-Anlagen. Auch setzt sich die Landesregierung zur Unterstützung von Betreiberinnen und Betreibern (leistungsstärkerer) kleiner Solaranlagen für eine Umsatzsteuerbefreiung für den selbstgenutzten Teil des Solarstroms ein.

Die Vorsitzende der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Jeannine Rösler, sagte, man sei sich »darüber einig, dass die Bekämpfung von Energiearmut gegenwärtig eine zentrale Herausforderung darstellt. Dabei muss dringend der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden. Wir brauchen eine soziale Energiewende, von der niemand ausgeschlossen ist. Unsere Forderung, ein Sondervermögen für Energiesicherheit und -unabhängigkeit sowie den erforderlichen ökologischen Umbau einzurichten, statt Milliarden in die Aufrüstung zu stecken, ist aktueller denn je.«

Linke Regierungsländer

Rösler spielt damit auf übergreifende Vorschläge der LINKEN aus den Bundesländern mit Regierungsbeteiligung an. Bereits im April 2022 hatten Vertreterinnen und Vertreter aus vier Landesregierungen ein Sondervermögen für Energiesicherheit, Energiesouveränität und ökologische Transformation vorgeschlagen, aus dem in den nächsten vier Jahren Mittel in Höhe von 100 Milliarden Euro unter anderem für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, für Programme zur energetischen Sanierung im Gebäudebereich, für Investitionsprogramm für grüne Wasserstofferzeugung, für Sonderprogramme für kommunale Energieversorger und für ein bundesweites Fachkräfte-Qualifizierungsprogramm vom Bund bereitgestellt werden sollen.  

Ende September 2022 legten Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt, der Berliner Kultursenator Klaus Lederer sowie die Nordost-Bildungsministerin Simone Oldenburg noch einmal mit dem Vorschlag eines ganzen »Maßnahmenbündels« nach, das auch von der Bereitschaft geprägt ist, ausgetretene Pfade zu verlassen. Jene Pfade nämlich, »die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erst zur kritischen Lage der Gegenwart geführt haben«.  So schlagen die vier Linken aus den Landesregierungen unter anderem vor, sowohl den »Energiemarkt als auch die gesamte Energieinfrastruktur und -produktion entlang einer Trias aus Dezentralität, Regenerativität und Regionalität« neu zu ordnen und in Bürgerhand zu überführen. Außerdem geht es um »eine umfassende Wärmewende und Transformation der Produktion und Prozesswärme von Unternehmen. Überdies sind bezahlbare und vor allem flächendeckende Nahverkehrsangebote auch und gerade im ländlichen Raum nötig.« Beim Netzausbau müssten die Kosten »endlich auch bei den Verteilnetzen fair verteilt werden. Aufgrund der hohen Netzentgelte zahlen diejenigen die höchsten Strompreise, die Wind- und Solarparks direkt vor der Haustür haben.« Stattdessen sollten Kommunen im Umfeld von Windparks so beteiligt werden, »dass spürbar für die Gemeinschaft Vorteile erwachsen.

Sachsen

Landespolitische Vorschläge zur Abfederung der Energiepreiskrise kommen auch aus den Linksfraktionen in Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Hessen und Hamburg. Die Linksfraktion Sachsen ist dieser Tage mit der Idee vorgestoßen, die Landesverfassung zu ändern, um ein dauerhaftes Sonder­vermögen für sozialen Ausgleich im Umfang von bis zu fünf Milliarden Euro zu ermöglichen. Dieser Topf solle vom Sozialministerium verwaltet und genutzt werden, um die Bevölkerung von Krisen, Naturereignissen oder Katastrophen zu entlasten, die sich der Kontrolle des Staates entziehen. 

Hintergrund ist unter anderem, dass 2013 auf Drängen der Linksfraktion bei der Änderung von Sachsens Landesverfassung der soziale Ausgleich als Haushaltsprinzip verankert wurde. Corona oder die Energiepreiskrise würden zeigen, dass finanzielle Mittel außerhalb des Staatshaushaltes erforderlich sind, um allen in Sachsen lebenden Menschen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen und sie von Krisenfolgen zu entlasten. Linksfraktionschef Rico Gebhardt sagt, »der Staat kann und sollte das legitime Mittel der Kreditaufnahme nutzen. Das Sondervermögen soll in Zukunft ständig zur Krisenbewältigung verfügbar sein. Die Schuldenbremse, die eigentlich eine Solidaritätsbremse ist, hilft niemandem.« 

Schon zuvor hatte sich die sächsische Linksfraktion auf die Forderung nach einem weiteren Sondervermögen im Umfang von bis zu drei Milliarden Euro verständigt, aus dem der Freistaat umfassende Hilfsmaßnahmen gegen die Energiepreiskrise finanzieren könne. Sachsen könne nicht auf den Bund warten, so Gebhardt. »Wir fordern, dass der Freistaat Sachsen seine Möglichkeiten nutzt und direkte Hilfen für Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Handwerksbetriebe, Krankenhäuser und Pflegeinrichtungen sowie die Kommunen ermöglicht.« Dem sechs Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen, das zur Bewältigung der Pandemiekrise vorgesehen ist, solle daher ein Sondervermögen zur Bewältigung der Energiepreiskrise zur Seite gestellt werden. 

Brandenburg

In Brandenburg fordert die Linksfraktion »zügig einen landesweiten Gipfel mit Kommunen, Unternehmen und Sozialverbänden«. Man sei außerdem zu Sondersitzungen des Landtages für einen Nachtragshaushalt oder Schutzschirm sofort bereit. »Wir brauchen jetzt klare Entscheidungen. Wenn der Bund nicht liefert, muss Brandenburg es allein tun. Andere Bundesländer wie zum Beispiel Berlin machen vor, das dies geht«, so Linksfraktionschef Sebastian Walter.

Zur möglichen Finanzierung verweist die Brandenburger Linksfraktion auf das Sondervermögen »Brandenburgs Stärken für die Zukunft sichern«, in dem über 500 Millionen Euro geparkt seien. »Diese sind nicht durch entsprechende Ausgaben im Haushaltsplan 2022 untersetzt. Also könnte dieses Geld für finanzielle Entlastungen der BrandenburgerInnen eingesetzt werden«, so Walter. Für Brandenburg sei zudem das Schicksal der PCK-Raffinerie in Schwedt von besonderer Bedeutung. Es gehe jetzt darum, dass Versorgungssicherheit und Arbeitsplatzgarantien »juristisch  sicher und zuverlässig in der Praxis umgesetzt« würden. Die Linksfraktion fordere zudem, die Transformationsmittel für Schwedt aufzustocken aufzustocken und darauf zu achten, dass das auch in der Region ankomme.

Walters Fraktionskollegin, die mietenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Brandenburger Landtag, Isabelle Vandré, drängte derweil auf Maßnahmen zur Abfederung der steigenden Betriebs- und Mietkosten. »Als Land können wir leider kein für alle wirksames Kündigungsmoratorium beschließen«, so Vandré, die Landesregierung solle sich allerdings »für einen bundesweiten Mietenstopp sowie ein Kündigungsmoratorium« sowie einen Rettungsschirm für gemeinwohlorientierte Wohnungsmarkt-Akteure einsetzen. Brandenburg solle sich zudem einer Initiative Mecklenburg-Vorpommerns »anschließen und beim Bund dafür eintreten, bei rechtzeitiger Zahlung auch ordentliche Kündigungen von Mietwohnraum unwirksam werden zu lassen und somit Rechte von Mieterinnen und Mietern deutlich zu stärken«.

Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt hat die Linksfraktion schon lange ein landeseigenes Hilfsprogramm gefordert – nun wird in dem Bundesland genau darüber diskutiert. Die mitregierende SPD schlägt ein Entlastungspaket im Umfang von 500 Millionen bis 600 Millionen Euro vor, mit dem unter anderem Mittelstand, Schulen, Kitas und Krankenhäuser unterstützt werden sollen. »Ablehnung für die Idee kam innerhalb der Koalition bislang von der FDP«, so der MDR. 

Linksfraktionschefin Eva von Angern sagte, die LINKE habe »bereits im Juli einen Härtefallfonds gefordert, um besonders Notleidenden und Unternehmen in Notlagen schnell zu helfen«. Insofern begrüße man die Forderungen nach einem landeseigenen Entlastungspaket, »damit vor allem die Lücken geschlossen werden, die von den Bundesmaßnahmen nicht gedeckt werden. Sicher wird über die Höhe zu diskutieren sein. Wenn wir als Land erst abwarten, bis im Bund die Weichen komplett gestellt sind, geht uns als Land doch wieder viel Zeit verloren.« Und ohne eine Feststellung der Notlage als Voraussetzung zur Aussetzung der Schuldenbremse seien auskömmliche Landeshilfen ohnehin kaum zu denken. 

Van Angern erinnerte daran, dass mit dem zuletzt aufgelegten Corona-Sondervermögen »zahlreiche schlechte Erfahrungen gemacht wurden, weil das Geld durch einen viel zu hohen bürokratischen Aufwand nur schwer abrufbar ist«. Dies dürfe nicht noch einmal geschehen. Außerdem solle das Sondervermögen »für monatliche Entlastungszahlen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen von 125 Euro plus 50 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied« eingesetzt werden.

In ihrem Antrag für »Maßnahmen gegen die drohende Energiekrise und Inflation« hatte die Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt unter anderem einen Energie-Härtefallfonds zur Entlastung für einkommensschwache Personen und Haushalte vorgeschlagen. Außerdem sollten die Fahrpreise in den verschiedenen Verkehrsverbünden in Sachsen-Anhalt gesenkt und notfalls eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets auf Landesebene erreicht werden. Die LINKE schlug zudem vor, die Forderung des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt nach einem Schutzschirm für die Absicherung der kommunalen Versorgungssicherheit mit eigenen Maßnahmen umzusetzen. Auf Landesebene solle der Schutzschirm »insbesondere durch Ausfallbürgschaften und Kreditabsicherungen durch die Investitionsbank gegenüber kommunalen Unternehmen der Energie- und auch der Wohnungswirtschaft wirksam werden«. 

Nicht zuletzt setzte sich die Linksfraktion für »eine landesweite Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Risiken für die Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge, insbesondere der Wohnungs-, Energie und Gesundheitswirtschaft infolge der Energiepreiskrise« ein. Auf der Grundlage der Ergebnisse solle dann ein Runder Tisch von Landesregierung, Sozialverbänden, der kommunalen Energieversorger und der kommunalen Spitzenverbände regelmäßig über notwendige Maßnahmen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der kommunalen Unternehmen in Sachsen-Anhalt diskutieren. 

Hessen

Etwas Ähnliches wie diesen Runden Tisch hat es in Hessen bereits Ende September gegeben; laut Jan Schalauske von der Linksfraktion im Hessischen Landtag sei dies »eine zentrale Forderung der LINKEN« gewesen. Man erwarte nun, »dass dieser Sozialgipfel keine einmalige Angelegenheit bleibt, sondern der gemeinsame Austausch der Landesregierung mit Organisationen des Sozial- und Gesundheitswesens verstetigt wird«. Die auf dem Gipfel beschlossenen Maßnahmen, etwa ein Härtefallfonds und ein Kündigungsmoratorium bei der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft, gingen »in die richtige Richtung«. Allerdings, so Schalauske gingen die Ergebnisse der Beratungen »an einigen Stellen nicht weit genug gefasst und hinterließen Lücken«. So solle die Landesregierung etwa auch Energiesperren verhindern. 

Für das landeseigene Hilfsprogramm stehen 200 Millionen Euro bereit, außerdem zur Stützung der hessischen Wirtschaft ein Bürgschaftsrahmen von drei Milliarden Euro. Es soll unter anderem Unterstützungsleistungen wie Mikroenergiedarlehen für Klein- und Kleinstunternehmen enthalten, die durch das Raster der Bundesprogramme fallen. Auch sollen Beratungsstrukturen der Verbraucherzentralen, Schuldnerberatungen und Energieberatungen gestärkt werden. Soziale Einrichtungen, Initiativen und Vereine wie die Tafel sollen höhere Zuschüsse erhalten, Vereine und Verbände unterstützt werden, die sich in Sport, Kultur, Bildung, Sozialem und Umwelt engagieren.

Mit der Einbringung des neuen Doppelhaushalts werde die hessische Landesregierung den Notwendigkeiten in der Energiepreiskrise allerdings nicht gerecht, so Linksfraktionschef Schalauske in der vorigen Woche. Der schwarzgrüne Etat biete dafür »viel zu wenige Mittel«. Zu kritisieren sei zudem, »dass die Landesregierung praktisch alle Ausgaben unter einen Finanzierungsvorbehalt stellt. Es droht eine Situation, in der die Schuldenbremse die Handlungsfähigkeit des Landes mitten in der Krise lähmt – schon im Plan muss das Land 900 Millionen Euro der geplanten Mittel einsparen.«

Hamburg

Auch in Hamburg setzt sich die Linksfraktion schon länger für Landes-Hilfsmaßnahmen gegen die Energiepreiskrise ein. Die Stadt Hamburg hat sich unterdessen darauf verständigt, im Haushaltsjahr 2022 zunächst insgesamt 125 Millionen Euro für einen Notfallfonds Energiekrise bereitzustellen, »um die Behörden in die Lage zu versetzen, schnell und unbürokratisch Programme und Maßnahmen aufzulegen, besonders betroffene Bürgerinnen und Bürger sowie Institutionen und Unternehmen unterstützen zu können«. Damit sollen auch Energiesperren, wie von der LINKEN gefordert, verhindert werden. Angesichts zum Beispiel der gestiegenen Altersarmut in Hamburg seien aber noch dringende weitergehende Maßnahmen nötig, so die Linksfraktion, etwa eine nachhaltige und unbürokratische Unterstützung von armutsbetroffenen Seniorinnen und Senioren. Der Senat solle daher unter anderem einen Zuschlag auf die Grundsicherung im Alter gewähren, die Senioren-Treffs inklusive der Möglichkeit für Mittagsessen ausbauen und ein spezielles HVV-Ticket zum Nulltarif anbieten, so Deniz Celik von der Linksfraktion.

Inzwischen hat die Hamburger Linksfraktion einen eigenen Hamburger Energiepreisdeckel entworfen, »der auf dem europaweit in Umsetzung befindlichen Modell der Ökonomin Isabella Weber, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der University of Massachussets Amherst, basiert«. Demnach soll ein Grundkontingent zum Vorkrisenpreis angeboten werden, die Differenz zum Marktpreis zahle der Staat. »So sollen vor allem Haushalte mit geringen Einkommen vor einem Energiepreisschock bewahrt werden.« Stephan Jersch, der umweltpolitischer Sprecher der Hamnburger Linksfraktion, nannte den Vorschlag »auch aus klimapolitischer Sicht zukunftsweisend. Das wichtige Thema Energiesparen bleibt auf der Agenda und die Klimaziele werden nicht kurzfristigen und nicht zielgerichteten Maßnahmen geopfert. Unser Antrag zeigt, dass bezahlbare Energie und Klimaziele sich nicht widersprechen müssen

Darüber setzt sich die Linksfraktion für besondere Hilfen für Eltern ein, die aufgrund der Inflation die Kosten für Klassenreisen, Projektfahrten und Tagesausflüge nicht mehr stemmen können. Das Bildungs- und Teilhabe-Paket des Bundes sei hier »nicht hinreichend«, so Sabine Boeddinghaus, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Sie »erwarte vom Senat, dass er allen Schulen, gestaffelt nach Sozialindex, zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt, um Klassenreisen und Tagesausflüge für alle Kinder möglich zu machen.« Einen entsprechenden Antrag in der Bürgerschaft hat die LINKE angekündigt. Nicht zuletzt setzt sich die Linksfraktion für einen Inflationsausgleich für Gefangene ein. Auch die Menschen in Hamburger Gefängnissen seien »mit drastischen Preiserhöhungen konfrontiert«, so die LINKEN-Abgeordnete Carola Ensslen. Gefangene könnten die erhöhten Preise nicht durch Einkommen oder Vermögen ausgleichen. Für sie führe die Inflation unmittelbar zu erheblichen Einbußen in ihrem Haftalltag. Die aktuelle Verpflegungskostenpauschale von 3,25 € pro Tag reiche nicht mehr für eine ausgewogene, gesunde und bedarfsdeckende Verpflegung der Gefangenen aus. »Auch die gestiegenen Preise bei den Anstaltskaufleuten müssen kompensiert werden. Soziale Gerechtigkeit endet nicht an der Gefängnismauer. Es ist die Aufgabe der Justizbehörde, dies auch sicherzustellen«, so Ensslen.

(zusammengestellt in Susannes Büros)