Gipfel zum Schutz sozialer Infrastruktur gefordert

Die hohen Energiepreise setzen auch sozialen Dienste, Beratungsstellen und Einrichtungen im Pflegebereich stark unter Druck. Vor allem für die kommunal finanzierten sozialen Einrichtungen sei das Risiko von Schließungen sehr hoch. Auch vor einem eklatanten Anstieg der Eigenanteile für Pflegebedürftige und letztlich Unterversorgung wird gewarnt. Verbände fordern nun von der Bundesregierung, einen Schutzschirm über soziale Dienstleister zu spannen.

Strom und Heizkosten gehen überall durch die Decke. Wie groß die Probleme werden können, die daraus für die soziale Infrastruktur erwachsen, darauf macht unter anderem der Paritätische Wohlfahrtsverband in deutlichen Worten aufmerksam: Ohne eine rasche politische Lösung zur verlässlichen Finanzierung steigender Energiepreise für soziale Dienste und Einrichtungen, heißt es bei dem Verband, drohten »weite Teile der sozialen Infrastruktur eingeebnet zu werden«. Das gesamte Spektrum sei gefährdet, von Beratungsstellen und sozialen Diensten bis zu Pflegeeinrichtungen. Ein Bericht des WDR zeigt an Beispielen, wie groß die Sorgen der Einrichtungen in der Pflege sind.

Die Einrichtungen können die Kostensteigerungen für Energie und Heizen nicht an die Nutzerinnen und Nutzer weitergeben, das sei vielfach weder möglich noch zumutbar. Bleibt der Weg, mit den Kostenträgern der sozialen Dienste und Einrichtungen nachzuverhandeln; hier würde man »vielerorts auf immensen Widerstand« stoßen, so der Paritätische Wohlfahrtsverband. Man fordere daher »von Bund und Ländern entschlossene Maßnahmen, um soziale Einrichtungen in der Fläche zu erhalten und die Menschen, die auf diese angewiesen sind, zu schützen«. Es geht um ein vielfältiges Spektrum vom Krankenhaus bis zur Kita, vom Pflegeheim bis zur Wohngruppe, von der Behinderteneinrichtung bis zur Rehaklinik.

Ähnlich hatten sich zuvor schon der Deutsche Caritasverband und der Bundespatientenbeauftragte Stefan Schwartze geäußert. »Angefangen mit der Corona-Pandemie haben uns die vergangenen zwei Jahre gezeigt, wie sehr unser soziales Netz in Krisen gefordert ist – gerade dann brauchen Menschen die Hilfe unserer Beratungsstellen, unserer Kliniken, unserer Pflegeeinrichtungen, unserer Sozialarbeit mehr denn je«, sagte Eva Maria Welskop-Deffaa vom Caritasverband, die sich Forderungen nach einem Energiekosten-Rettungsschirm für Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie weitere soziale Institutionen anschloss. Schwartze hatte gegenüber dem »Westfalen-Blatt« erklärt, »ganz viele Einrichtungen wenden sich an mich, weil sie die massiv erhöhten Energiepreise nicht mehr bezahlen können, da geht es um Erhöhungen um ein Zehnfaches. Das gefährdet Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialbereich massiv.« Würde diese Struktur in der Energiepreiskrise zerstört, »dann lässt sich diese Struktur nicht in zehn Jahren wieder aufbauen. Der Verlust wäre dann von Dauer. Deswegen brauchen die Einrichtungen einen Rettungsschirm für Energiekosten.«

Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband verwies darauf, dass angesichts der verschiedenen Finanzierungsformen sozialer Einrichtungen sich zwar jeweils unterschiedliche Probleme zeigten, »jedoch überall eine dramatische Zuspitzung der Lage«. Dies gelte vor allem für kommunal finanzierte Leistungen, wie etwa Sucht- und Schuldnerberatung. Hier sei das Risiko von Schließungen besonders hoch, wenn die Haushaltslage in den Kommunen ohnehin angespannt sei. Hinzu kommt, dass durch steigende Energiepreise in der Pflege »ein eklatanter Anstieg der Eigenanteile für Pflegebedürftige und letztlich Unterversorgung« drohten, »wenn sich Betroffene zu hohe Kosten nicht mehr leisten können«.

Der Paritätische setzt sich deshalb für einen Gipfel zum Schutz sozialer Infrastruktur ein. »Die aktuelle Lage verlangt genauso wie die Pandemie entschlossenes Handeln, um Einrichtungen und Dienste und deren Nutzer*innen in der Krise nicht alleine zu lassen. Was es braucht, sind rasche, zielgerichtete und flächendeckende Hilfsmaßnahmen. Bund, Länder, kommunale Spitzenverbände und Wohlfahrtsverbände gehören an einen Tisch, um tragfähige Lösungen zu beraten und auf den Weg zu bringen«, sagte Schneider.

Welche Sorgen soziale Einrichtungen in Thüringen haben, darüber hatte bereits vor einigen Wochen die »Thüringer Allgemeine« berichtet. Man blicke mit gemischten Gefühlen auf den Herbst, wird dort Heike Buchholz vom Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda zitiert. In den Werkstätten sind gut 450 Menschen mit Behinderung beschäftigt. Der Paritätische in Thüringen äußerte die Erwartung, »dass für gemeinnützige Organisationen ein Rettungsschirm ausgespannt wird«. (aus Susannes Büros)