Mehrheit für mehr Investitionen ins Öffentliche

Die Mehrheit der Menschen in der Bundesrepublik ist unzufrieden mit der öffentlichen Infrastruktur; vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Pflege sowie Umweltschutz. Über zwei Drittel fordern höhere staatliche Investitionen, das zeigt eine neue Studie.

Über Mängel in der Daseinsvorsorge und beim zustand der Infrastruktur in der Bundesrepublik wird oft geklagt. Eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt nun, mit welchen Bereichen die Bürgerinnen und Bürger am wenigsten zufrieden sind, wo sie sich deutlich mehr staatliche Investitionen wünschen und welche regionalen Unterschiede es dabei gibt. 

»Bundesweit ist die Zufriedenheit in allen Bereichen auffallend gering und der Wunsch nach Mehrinvestitionen sehr hoch«, schreiben die Forscherinnen und Forscher. »Der Wunsch nach zusätzlichen Investitionen ist in allen Bereichen stark ausgeprägt. Im Durchschnitt befürworten 68 Prozent der Befragten höhere öffentliche Investitionen. Den mit Abstand größten Bedarf sehen die Befragten im Bereich Gesundheit mit 87 Prozent und Bildung mit 79 Prozent. Mehr Investitionen in Klima- und Umweltschutz stimmen 70 Prozent zu.« Für die Studie waren über 8.400 Menschen befragt worden.

Unterschiede zeigen sich allerdings zwischen Stadt und Land, was auch zu Unterschieden zwischen Ost und West sowie einzelnen Bundesländern führt – je nachdem, wie stark ländlich diese geprägt sind. »Auf dem Land ist der Wunsch nach Verbesserungen der Gesundheitsversorgung noch höher als in der Stadt. Mehr Bedarf an Investitionen in Klima- und Umweltschutz äußern dagegen häufiger Stadtbewohner und Stadtbewohnerinnen. In den neuen Bundesländern spielt öffentliche Sicherheit eine größere Rolle, Klimaschutz eine geringere. Im Westen ist es genau umgekehrt«, so fasst das Institut die Ergebnisse zusammen. Allerdings dürfte die Beachtung von Unterschieden nicht außer Acht lassen, dass sich bei den absoluten Ergebnissen in allen Bereichen wie Regionen zeigt: eine breite Mehrheit ist für Mehrinvestitionen.

Der Zustand der öffentlichen Infrastruktur ist dabei keine bloß statistische Größe – es geht um das Fundament guten Lebens vor Ort, um die Möglichkeiten von Teilhabe, um Zukunftschancen und gelebte Demokratie sowie Freiheit. Umso kritischer erweisen sich bestehende Unterschiede, die als Ungleichheit erlebt werden und sich direkt auf das eigene Leben auswirken. Ob nun bei der Frage, welche Möglichkeiten öffentlicher Mobilität es gibt, in welchem Zustand Straßen und Radwege sind, wie erreichbar Menschen über Mobilnetz und Internet sind, was öffentliche Sicherheit, Bildung und Gesundheit sowie Klimaschutz angeht. 

Wie ernst die Situation seitens der Städte und Gemeinde gesehen wird, zeigt unter anderem das jüngste KfW-Kommunalpanel 2022. Jede zweite kommunale Kämmerei beschreibt ihre Finanzlage nur als »ausreichend« oder sogar »mangelhaft«. Mehrausgaben, beispielsweise durch höhere Sachkosten für die Pandemiebewältigung, sind in den vergangenen Jahren dazugekommen. Sieben von zehn Kämmereien erwarten eine weitere mittelfristige Verschlechterung ihrer Finanzsituation. Und: Der von den Kommunen für 2021 gemeldete Investitionsrückstand ist auf fast 160 Milliarden Euro angestiegen; am größten sind die Lücken bei Schulen, Straßen und Verwaltungsgebäuden; am stärksten gestiegen ist der Investitionsrückstand unter anderem beim Brand- und Katastrophenschutz. Auch bei Kitas, Kultur und Sport müssten viele Milliarden Euro in die Hand genommen werden, damit das öffentliche Eigentum nicht verfällt.

Umso wichtiger ist, dass der Bund jetzt bei den Diskussionen um Entlastungen wegen der Energiepreiskrise die Belange der Infrastruktur nicht außen vorlässt. Schon haben Kommunalverbände vor geschlossenen Bibliotheken, weniger Förderung von Kultur oder Vereinen sowie vor aufgeschobenen Investitionen in Infrastruktur und öffentliche Daseinsvorsorge gewarnt, wenn die Belastungen vor Ort durch die Energiepreiskrise Überhand nehmen. 

Die LINKE wirbt deshalb unter anderem für ein Hilfspaket für die Kommunen. Vorschläge für ein milliardenschweres Sondervermögen, das auch der Stärkung und dem Ausbau von  Infrastruktur dienen würde, liegen auf dem Tisch. Die dazu nötigen öffentlichen Mittel könnten unter anderem über eine Übergewinnsteuer und mehr steuerliche Gerechtigkeit, etwa bei Erbschaften, sowie durch eine Abkehr von der Schuldenbremse aufgebracht werden. (aus Susannes Büros)