Wir brauchen ein Hilfspaket für die Kommunen

Aufgrund der steigenden Energiepreise geraten die Kommunen immer mehr unter Druck. Nun warnen Verbände vor Einschränkungen von öffentlichen Dienstleistungen in Städten und Gemeinden. Das würde vor allem die Menschen treffen, die bereits selbst von den hohen Preisen am stärksten betroffen sind. Die LINKE fordert deshalb ein Hilfspaket für die Kommunen.

Geschlossene Bibliotheken, weniger Förderung von Kultur oder Vereinen, aufgeschobene Investitionen in Infrastruktur und öffentliche Daseinsvorsorge – solche Einschränkungen könnten laut Kommunalverbänden angesichts der Energiepreiskrise bald schon Wirklichkeit werden. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, wird in der »Welt« mit den Worten zitiert, es werde »eine ganze Reihe Kommunen geben«, die die gestiegenen Energiepreise »durch Angebotseinschränkungen ausgleichen muss, soweit es nicht um gesetzlich vorgeschriebene Leistungen geht«. 

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebund warnte davor, dass auch Investitionen für Schulen oder Radwege eingestellt werden. Zwar hätten viele Städte und Gemeinden bereits erste Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen. Aber die Preise steigen weiter – und viele Kommunen standen auch ohne Inflation schon unter erheblichem Druck. Corona-Krise und leere Kassen bedrohen schon länger die Zukunft; große Herausforderungen wie soziale Klimaanpassung, ökologischer Umbau und die Bewältigung demografischen Wandels müssen vielerorts liegenbleiben, weil die Mittel fehlen. Im Zusammenhang mit der Diskussion über die umstrittene Gasumlage wurde darauf hingewiesen, dass die Absenkung des Satzes der Mehrwertsteuer auch zu Mindereinnahmen bei den Kommunen führen wird. 

Wie ernst die Lage ist, zeigt unter anderem das jüngste KfW-Kommunalpanel 2022. Jede zweite kommunale Kämmerei beschreibt ihre Finanzlage nur als »ausreichend« oder sogar »mangelhaft«. Mehrausgaben, beispielsweise durch höhere Sachkosten für die Pandemiebewältigung, sind in den vergangenen Jahren dazugekommen. Sieben von zehn Kämmereien erwarten eine weitere mittelfristige Verschlechterung ihrer Finanzsituation. Und: Der von den Kommunen für 2021 gemeldete Investitionsrückstand ist auf fast 160 Milliarden Euro angestiegen; am größten sind die Lücken bei Schulen, Straßen und Verwaltungsgebäuden; am stärksten gestiegen ist der Investitionsrückstand unter anderem beim Brand- und Katastrophenschutz. Auch bei Kitas, Kultur und Sport müssten viele Milliarden Euro in die Hand genommen werden, damit das öffentliche Eigentum nicht verfällt.

Auch gemeinnützige Organisationen machen sich große Sorgen um ihre Zukunft. Der Paritätische Thüringen sieht einen Teil der sozialen Infrastruktur gefährdet. »Wir malen hier keine Horrorszenarien an die Wand«, wurde Landesgeschäftsführer Stefan Werner in der »Thüringer Allgemeinen« zitiert. Aber gemeinnützige Organisationen könnten sich nicht aus eigener Kraft von deutlich steigenden Energiepreisen entlasten. Höhere Kosten seien in den schon länger ausgehandelten Entgelten und Förderungen nicht mit einberechnet und könnten auch nicht einfach an diejenigen weitergegeben werden, die diese soziale Infrastruktur in Anspruch nehmen.

Das »Straubinger Tagblatt« kommentierte, »diesmal geht es ans Eingemachte. Es ist zu befürchten, dass es vielerorts zum Kahlschlag kommt, wenn weitere freiwillige kommunale Leistungen gekürzt oder gar gestrichen werden. Zuschüsse für Sportvereine beispielsweise oder für die Jugendarbeit, für Museen, Bibliotheken und Theater. Vielen Einrichtungen ist es mit viel Engagement, Kreativität und mit Spenden noch gelungen, die Pandemie zu überleben.« 

Vor diesem Hintergrund warnt der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, davor, »dass die hohen Energiepreise zur Abrissbirne für das soziale und kulturelle Leben in den Kreisen, Städten und Dörfern werden«. Bei Einschränkungen in der Daseinsvorsorge würden »vor allem diejenigen darunter leiden«, die »auf staatliche Einrichtungen angewiesen sind und sich eben keine privaten Anbieter leisten können«. Korte warb dafür, dass sich Bund und Länder »sofort zusammensetzen und ein Hilfspaket für die Kommunen schnüren«. Eine  Möglichkeit sei  »ein milliardenschweres Sondervermögen nach dem Vorbild der Bundeswehr-Aufrüstung«, so der LINKEN-Politiker. Die Lage der Kommunen zeige außerdem, wie dringend eine Abkehr von der Schuldenbremse ist. »Funktionierende Kommunen sind Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie – um nichts weniger geht es hier.«

Die Vorsitzende der LINKEN, Janine Wissler, warnte ebenfalls vor Einschränkungen bei Schwimmbädern, Jugendclubs oder anderen kommunalen Diensten. »Ein Besuch mit den Kindern im Puppentheater, ein gemeinsamer Ausflug ins Schwimmbad und das Treffen im Jugendclub darf nicht nun auch noch aufgrund von Energiesparmaßnahmen zum Opfer fallen«, wird Wissler von der Deutschen Presse-Agentur zitiert.

Bereits zuvor hatten die LINKEN-Spitzen von Partei und Bundestagsfraktion Schutzmaßnahmen insbesondere für Stadtwerke und kommunale Versorger vorgeschlagen. Die Thüringer Linksfraktion hatte in einem Katalog von möglichen Maßnahmen gegen drohende Energiearmut unter anderem »Unterstützungsprogramme für kommunale Wohnungsbaugesellschaften, kommunale Energieversorgungsunternehmen und weitere von der Energiepreisexplosion erheblich beeinträchtigte kommunale Unternehmen« gefordert. Der Deutsche Städtetag äußerte sich ähnlich und erinnerte daran, dass de Stadtwerke »Millionen Haushalte, Gewerbe und die Industrie vor Ort« versorgen. »Nahverkehr, kommunale Krankenhäuser, Müllabfuhr und Bäder hängen daran. Die Versorgungssicherheit darf nicht gefährdet werden.« (aus Susannes Büros)