Sozialer Schutz gegen Hitzewellen

Öffentliche Kühlräume, kommunale Aktionspläne, Hitze-Schlechtwettergeld, freier Eintritt ins Schwimmbad: In wenigen Tagen wird wieder eine schwere Hitzewelle erwartet. Politikerinnen der LINKEN fordern schnelle Hilfe vor allem für jene, die besonders gesundheitlich gefährdet sind, den hohen Temperaturen nicht aus dem Weg gehen können oder sich Schutz vor Hitze wegen zu geringer Einkommen nicht leisten können. 

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Kathrin Vogler, forderte gegenüber dem »Tagesspiegel« öffentliche klimatisierte Kühlräume und Klimaanalagen in Altenheimen und anderen Pflegeeinrichtungen. Bundesregierung und Ländern müssten schnell handeln, per Gesetz und mit Finanzierungsmodellen. Außerdem brauche es Frühwarnsysteme und verbindliche Aktionspläne für Hitzewellen, vor allem für Bildungseinrichtungen, Verkehrsbetriebe und das Gesundheitssystem. 

Es seien nicht nur ältere und kranke Menschen von der Hitze besonders betroffen, auch die sozialen Lebensumstände beeinflussten die gesundheitlichen Auswirkungen der extremen Hitze, so Vogler weiter: »Arme Menschen in billigen, schlecht isolierten Wohnungen und Unterkünften, gerade in Ballungszentren, leiden mehr als die, die in klimatisierten Wohnungen oder Eigenheimen mit Garten wohnen.«

Auch bei der Lohnarbeit wirken sich die Folgen der Klimakrise ungleich aus. Wo Menschen im Freien oder in nicht klimatisierten Räumen arbeiten müssten, müsse Ausgleich organisiert werden. Vogler sagte, man müsse auch über ein »Hitze-Schlechtwettergeld« nachdenken. Solche Ausgleichszahlungen gibt es zum Beispiel für Branchen schon jetzt, falls aus Witterungsgründen an einzelnen Tagen nicht gearbeitet werden kann; allerdings nur für Wintermonate. 

Das wachsende Problem aber lautet: Hitzewellen durch Klimakrise. Immer öfter plagen enorm hohe Temperaturen die Menschen, vor allem Ältere und Beschäftigte, die der Hitze ausgesetzt sind. Welche Folgen die Konsequenzen der Klimakrise schon jetzt haben, hat das Statistische Bundesamt vor einigen Tagen an einem Beispiel vorgerechnet: Auch aufgrund der Hitzewelle im diesjährigen Juni lag die Zahl der Sterbefälle in der Bundesrepublik deutlich höher – um acht Prozent mehr als im Schnitt des Monats Juni der Jahre 2018 bis 2021.

Auch die linke Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping hat angesichts der hohen Temperaturen zur verstärkten Rücksichtnahme aufgerufen – nicht zuletzt auf Wohnungslose. Den Menschen fehle es in der Regel an Rückzugsorten, um sich vor der Hitze zu schützen, sagte sie vor wenigen Tagen. In der rot-rot-grün regierten Hauptstadt sorgt die Hitzehilfe der Sozialgenossenschaft Karuna für die Betroffenen; 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilen im gesamten Stadtgebiet in zwei Schichten Trinkwasser, Sonnencreme und Hygieneartikel, wie der RBB berichtet.

Die jugendpolitische Sprecherin im Parteivorstand der LINKEN, Daphne Weber, hat vor diesem Hintergrund bundesweit freien Eintritt in Freibäder für Studierende, Auszubildende, Erwerbslose sowie Rentnerinnen und Rentner gefordert. »Dieser kostenfreie Zutritt sollte in erste Linie für die Menschen gelten, die bei der Energiekostenpauschale von der Ampel vergessen wurden«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Teure Eintrittspreise in den Badeanstalten würden dazu führen, dass nicht alle sich eine Abkühlung bei hohen Temperaturen leisten können. Weber appellierte zugleich an die Bundesregierung, »bei der Energiewende radikale Schritte« einzuleiten.

Die Stadt Erfurt bietet mit dem Hitze-Portal ein Angebot an Hinweisen und Maßnahmen zur Abwehr und Reduzierung von negativen Beeinträchtigungen durch Hitze. Was direkt spürbare und sichtbare Folgen der Klimakrise angeht, zum Beispiel Extremwetterereignisse oder Hitzewellen, ist die Bevölkerung sehr sensibel. Drei Viertel der Befragten gaben im Rahmen des »Planetary Health Action Survey«, einer langfristigen Studie an der die Universität Erfurt federführend mitwirkt, an, dass sie solche Folgen für wahrscheinlich und schwerwiegend halten.

»Aufklärungskampagnen über Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel können helfen, die Handlungsbereitschaft zu stärken«, heißt es bei den Forscherinnen und Forschern. Es gehe dabei aber nicht um »Furchtappelle«, stattdessen »sollte vermittelt werden, mit welchen Gesundheitsrisiken gerechnet werden muss und wie man sich effektiv schützen kann. Aus der vorherigen Befragung wissen wir, dass die Mehrheit es eher schwierig findet, sich vor den Gesundheitsfolgen des Klimawandels zu schützen.« Wichtig auch: »Rund ein Drittel der Befragten möchte sich bei der Gestaltung von Klimaschutzmaßnahmen einbringen.« 

Selbst wenn es endlich zu einem deutlich schnelleren und wirksamen Umsteuern käme, würde strenger Klimaschutz erst in der Zukunft Wirkung zeigen. Deshalb gehört auch Klimaanpassung stärker in den Fokus linker Diskussionen. Die Klimafolgen zeigen sich schon jetzt, sie bringen soziale Verwerfungen mit sich und deshalb sind Konzepte der Anpassung von links so wichtig. (aus Susannes Büros)